See mit verrückter Illusion

Dieser See stürzt ins Meer – aber nur scheinbar

von Karim Belbachir

Landscape and cliffs around Trælanípa and Sørvágsvatn, Vágar, Faroe Islands.
Allein der Sørvágsvatn-See ist für manche Touristen bereits eine Reise wert.

Er sieht aus, als schwebe er über dem Ozean – dabei ist alles nur ein Spiel der Perspektive. Sørvágsvatn auf den Färöer-Inseln ist ein außergewöhnliches Naturwunder.

Der schwebende See

Sørvágsvatn liegt auf der Insel Vágar und ist der größte See der Färöer – doch weltberühmt ist er nicht wegen seiner Größe, sondern wegen seiner spektakulären Illusion: Wer am Aussichtspunkt Trælanípa steht, sieht den See scheinbar dramatisch hoch über dem Atlantik schweben. Der Effekt entsteht durch den steilen Abbruch der Klippen direkt dahinter – in Wahrheit liegt der See aber nur etwa 30 Meter über dem Meeresspiegel. Die perfekte Illusion, die auf Fotos wirkt, als würde ein gigantischer Wasserfall aus dem See in den Ozean stürzen.

Die Färöer-Inseln erreicht man mit dem Flugzeug – meist über Kopenhagen. Auf Vágar landet man am einzigen Flughafen des Archipels, nur wenige Kilometer vom See entfernt. Für die Einreise genügt ein gültiger Personalausweis, denn die Inseln gehören zwar nicht zur EU, aber zum Schengen-Raum. Mietwagen sind sehr empfehlenswert, da der öffentliche Nahverkehr auf der Insel begrenzt ist.

Wanderung mit Wow-Effekt

Der Startpunkt zur Wanderung liegt in Miðvágur, einem kleinen Ort am Westufer des Sees. Von dort führt ein gut begehbarer Weg rund 3,5 Kilometer in Richtung Trælanípa. Der Aufstieg ist moderat, festes Schuhwerk aber Pflicht – das Gelände ist häufig nass, matschig und windig. Nach etwa einer Stunde erreicht man den Aussichtspunkt. Für das beste Foto empfiehlt es sich, sich leicht östlich von Trælanípa zu positionieren – dort trifft der Winkel perfekt auf See, Klippenkante und Atlantik.

Grasdächer und Naturstein: traditionelle färöische Bootshäuser vor dem Sørvágsvatn-See unter blauem Sommerhimmel.
Grasdächer und Naturstein: traditionelle färinger Bootshäuser vor dem Sørvágsvatn-See unter blauem Sommerhimmel.

Wer schon einmal dort ist, sollte sich den Bøsdalafossur nicht entgehen lassen – den Wasserfall, an dem Sørvágsvatn tatsächlich in den Atlantik abfließt. Er liegt am Ende des Sees, etwa 15 Minuten Fußweg vom Aussichtspunkt entfernt. Ebenfalls spektakulär: der abgelegene Ort Gásadalur mit dem berühmten Múlafossur-Wasserfall, der direkt über die Felskante ins Meer stürzt. Die gesamte Insel Vágar ist ein Postkartenmotiv.

Praktische Tipps

Die beste Reisezeit liegt zwischen Mai und September – dann sind die Tage lang, die Temperaturen mild (zwischen 10 und 15 Grad) und die Wege meist schneefrei. Typisch für die Färöer ist das schnelle Wetterwechselspiel: Sonne, Nebel und Regen im Minutentakt. Wer zur Klippe möchte, sollte wetterfeste Kleidung, Wanderschuhe und unbedingt eine gute Kamera mitbringen. Der Zugang zum Wanderweg ist inzwischen gebührenpflichtig, da er über Privatland führt. Je nach Saison ist der Zutritt nur mit Guide möglich – eine vorherige Recherche lohnt sich.

Die Legende vom Klippensturz

Der Aussichtspunkt Trælanípa hat eine düstere Vergangenheit: Der Name bedeutet so viel wie „Sklavenklippe“. Einer alten Überlieferung nach sollen hier in der Wikingerzeit aufsässige oder überflüssige Sklaven über die Kante in den Tod gestoßen worden sein. Heute erinnert der Ort eher daran, wie grandios Natur und Illusion zusammenspielen können.