Stadtklima verbessert und Touristenmagnet geschaffen
Hamburg setzt auf Schwammstadt - ein Besuch im Grünen Bunker auf St. Pauli
Ein großer hässlicher Klotz aus Beton. Seit 1942 thront der Hochbunker, den die Nazis von Zwangsarbeitern bauen ließen, am Heiliggeistfeld auf Hamburg St. Pauli. Jetzt ist er begrünt. Seine 23.000 Pflanzen reinigen nicht nur die Luft, sie verbessern auch das Klima in der Stadt und halten das Wasser fest. Nebenbei wurde der Grüne Bunker noch ein neuer Touristenmagnet. Ein hervorragendes Beispiel für eine nachhaltige Weiternutzung alter Gebäude – im Sinne der Menschen und der Umwelt.
Hitze in den Städten ist ein Riesenproblem geworden

Die Klimakrise hat einen erheblichen Einfluss auf unsere Niederschläge. Und zwar in mehrerlei Hinsicht. Zum einen nehmen Starkregenereignisse zu. Zum anderen nimmt die Zahl aufeinanderfolgender Trockentage zu. Wenn es dann regnet, erhöht das die Gefahr von Überschwemmungen, weil der vertrocknete Boden kaum Wasser aufnehmen kann. In Städten ist die Versiegelung durch die dichte Bebauung naturgemäß sehr hoch, das Wasser kann also kaum versickern. Mit dieser Problematik müssen sich die Kommunen in Zeiten der Klimakrise auseinandersetzen.
Das Wasser kühlt die Stadt und schont die Kanalisation

Besser ist es, wenn das Wasser die Chance hat zu verdunsten oder zu versickern. Eine seit langem dafür propagierte Lösung ist die „Schwammstadt“. Die Schwammstadt ist eine Möglichkeit, sich auf die veränderten Bedingungen mit mehr Starkregen und Hitzewellen einzustellen. Begrünte Dächer, Fassaden und entsiegelte Böden können Wasser speichern und es nach Bedarf wieder abgeben. Es können auch städtische Räume genutzt werden, um das Wasser zwischenzuspeichern und es können Zisternen angelegt werden. So wird eine Überlastung der Kanalisation verhindert und die Maßnahmen haben einen kühlenden Effekt in den Städten. Vor allem vor Hitze können sich Städte schlecht schützen, es entstehen inmitten des Betons sogenannte Hitzeinseln, in denen es oft 10 Grad wärmer ist als in der Umgebung.
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Innerhalb weniger Wochen zum beliebten Ausflugsziel avanciert

Die Schwammstadt also. Viele Städte haben begriffen und beginnen mit Umbaumaßnahmen. Wir haben im Rahmen des Extremwetterkongresses in Hamburg den Hochbunker St. Pauli besucht, ein Ungetüm, das mitten im zweiten Weltkrieg von Zwangsarbeitern erbaut wurde und jahrzehntelang als hässlicher Betonturm mitten in St. Pauli stand. Jetzt ist der Hochbunker eine grüne Insel in der Stadt und avancierte innerhalb weniger Wochen zum beliebten Ausflugsziel mitten in der Hafenmetropole.
Ein landschaftsarchitektonisches Pionierprojekt

Was macht das Gebäude so bemerkenswert? Es ist ein Paradebeispiel für eine neue Nutzung alter Baustruktur. Weil die bis zu 3,80 Meter dicken Betonwände zu mächtig waren, um sie zu sprengen, blieb der Koloss nach dem Krieg einfach stehen. Jetzt wurde aus ihm ein landschaftsarchitektonisches Pionierprojekt. Seit Juli können Besucher kostenlos über einen Bergpfad bis auf mehr als 50 Meter Höhe hinaufspazieren. Oben befindet sich ein großer Dachgarten, dort wachsen sogar Apfelbäume. Inmitten des neuen Stadtgrüns in luftiger Höhe gibt es ein Hotel, eine Bar, einen Club und sogar die Möglichkeit sich sportlich zu betätigen.
Und: Das Regenwasser wird von dem Grün sanft aufgenommen, dient der Bewässerung und wird langsam nach unten abgegeben. Im Keller kann zudem Wasser gesammelt werden. 10.000 Quadratmeter Grünflächen mit 23.000 Pflanzen wurden am Hochbunker bepflanzt. 80 Sensoren des Bundesumweltministeriums erforschen die Wirkung des Grüns an den Fassaden. Klar ist: Urbanes Grün kühlt die Luft nicht nur, sondern reinigt sie auch.
Die Idee stammt vom großen Friedensreich Hundertwasser

Das ist ein weiterer positiver Effekt in unseren mit Feinstaub belasteten Städten. So wurde der Bunker einer nachhaltigen Nutzung zugeführt, dient dem Klima in der Stadt und ist zudem zu einem Magnet für die Bewohner geworden. Übrigens kam die erste Idee für den Grünen Bunker von niemand geringerem als dem großen Friedensreich Hundertwasser. Wir alle kennen seine legendäre Architektur und seine berühmten geschwungenen Bauwerke, die er in vielen Städten hinterlassen hat. 1992 zeichnete er auf Einladung des Hamburger Abendblatts eine Skizze, auf der er die Begrünung des Bunkers gemalt hatte. Was für ein Visionär.
(osc)