Winterreifen-Wettercheck

Von O bis O - gibt es eine Pflicht und was ist mit Ganzjahresreifen?

von Oliver Scheel

Von O bis O, also von Oktober bis Ostern sollen wir alle brav mit Winterreifen umherfahren. Ist das überhaupt sinnvoll angesichts immer weniger Schneetage in Deutschland? Oder hat sich das die Reifenindustrie nur ausgedacht, damit sie ihren Umsatz verdoppeln kann? Und was sagt eigentlich der Gesetzgeber zu den Reifen? Drohen Bußgelder oder kann ich auch mit Ganzjahresreifen fahren? Und was besagt die Sieben-Grad-Regel nochmal? Fragen über Fragen – Hier die Antworten.
Alle News rund um das Thema Klima und Klimakrise
Mit unseren „Klima Update“-Sendungen immer informiert sein

Wir haben eine situative Winterreifenpflicht

Sina Schuldt
Allzeit gute Fahrt? Unter bestimmten Voraussetzungen können Ganzjahresreifen eine Alternative zum zweimal jährlich vorzunehmenden Reifenwechsel sein.

Das Wichtigste vorneweg: Es gibt keine wirkliche Winterreifenpflicht in Deutschland, sondern eine situative. Die bedeutet, dass bei winterlichen Straßenverhältnissen, also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte, nur mit Winterreifen gefahren werden darf. Von O bis O hat keine rechtliche Relevanz. Wer aber bei Schnee mit Sommerreifen fährt, dem droht ein Bußgeld zwischen 60 und 80 Euro und ein Punkt in Flensburg.

Der Haftpflichtschutz bleibt laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auch bestehen, wenn Autofahrer auf Sommerreifen im Winter einen Unfall verursachen.

Reichen Ganzjahresreifen?

Alpine-Symbol auf einem Winterreifen. Das dreigezackte Bergpiktogramm mit der Schneeflocke in der Mitte ist Pflicht für alle Winterreifen, die ab 1.1.2018 hergestellt werden. Das bisherige MS-Zeichen reicht dann für neu produzierte Winterreifen nicht mehr aus. Übergangsweise bis 30.9.2024 erfüllen jedoch bereits hergestellte Reifen mit MS-Kennzeichnung noch die Winterreifenpflicht, danach müssen Verbraucher ihre Winterreifen ersetzen. *** Alpine symbol on a winter tyre. The three-pointed mountain pictogram with the snowflake in the middle is mandatory for all winter tyres manufactured from 1 January 2018. The previous MS symbol will then no longer be sufficient for newly produced winter tyres. However, for a transitional period until GMS9814
Alpine-Symbol auf einem Winterreifen: Das dreigezackte Bergpiktogramm mit der Schneeflocke in der Mitte .

Tatsächlich sind Ganzjahresreifen rechtlich gesehen Winterreifen. Seit dem 1. Oktober 2024 dürfen nur noch Allwetterreifen, die das Alpine-Symbol tragen (auch bekannt als „Schneeflocken-” oder „3PMSF-Symbol“), als wintertauglich eingestuft werden.

Reifen mit der alleinigen „M+S“-Kennzeichnung gelten dann nicht mehr als geeignet für winterliche Straßenverhältnisse. Allwetterreifen ohne Alpine-Symbol, die vor 2018 hergestellt wurden, konnten noch bis zum 30. September 2024 als Ganzjahresreifen genutzt werden.

Generell sollten Winterreifen nach etwa sechs Wintern ausgetauscht werden, weil die Gummimischung dann so hart ist, dass die Bodenhaftung, der Grip, leidet. Das Alpine-Symbol ist ein Piktogramm, das drei Berggipfel und eine darin befindliche Schneeflocke dar.

Wie viele Schneetage gibt es denn überhaupt noch?

schneetage
Die Zahl der Schneetage sinkt in Zeiten der Erderwärmung - auch in Deutschland.

Die Klimakrise bringt es mit sich, dass die Zahl der Schneetage in Deutschland signifikant sinkt. Das Beispiel Köln zeigt den Trend eindeutig. In den Jahren 2011 bis 2020 gab es im Schnitt 9 Tage in Köln, an denen Schnee lag. Im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 waren es mit 17 fast doppelt so viel. In allen deutschen Städten geht die Zahl der Schneetage zurück.

Das heißt aber noch nicht, dass wir gänzlich ohne Winterreifen durch die dunkle Jahreszeit kommen. Und in München gab es im Schnitt im letzten Jahrzehnt doch noch 42 Schneetage. Erst wenn wir sicherstellen können, dass wir an Schnee- und Eistagen auf das Auto gänzlich verzichten können, dann können wir uns die Anschaffung von Winterreifen sparen.

Und was ist mit dieser Sieben-Grad-Regel?

 201014 Schnee. Goldenes Oktoberwetter Fehlanzeige Der Oktober zeigt bisher wie er auch kann. Kühl, bewölkt und seit dem Dienstagabend auch regnerisch. Ein sogenanntes Vb-Tief bringt uns bis Mittwochabend reichlich Niederschlag. Über 50 Liter auf dem Quadratmeter sind möglich. Dabei braucht die Natur den Niederschlag sehr dringend. Der Boden ist trockentrocken. Das Regendefizit wird dadurch aber nicht aufgeholt. Doch nicht nur Regen, sondern auch Schnee hat Tief Gisela im Gepäck. Ein kleines Winterintermezzo gab es in der Nacht auf dem Fichtelberg. Bei Temperaturen um die 0 C fiel immer wieder Schnee. Autos waren mit einer dünnen Schneedecke bedeckt. Stürmische Böen sorgten bei dichtem Nebel für ein Flockenwirbel. Sommerreifen s
Bei solchen Straßenverhältnissen geht es nicht ohne Winterreifen. Wer dann mit Sommerreifen unterwegs ist, dem droht ein Bußgeld.

Die Sieben-Grad-Regel besagt, dass bei einer Außentemperatur von weniger als 7 Grad die Sommerreifen ihre Traktion zusehends verlieren und nur Winterreifen Sicherheit garantieren. Das hält selbst der ADAC für ein Märchen und für eine Erfindung der Reifenindustrie. Bei Nässe sei ein Sommerreifen sogar im Vorteil, was den Bremsweg angeht.

In den meisten Ländern verhält es sich wie in Deutschland. Es besteht eine situative Winterreifenpflicht. In Frankreich gibt es in Bergregionen eine echte Winterreifenpflicht.

Und wichtig für den Winterurlaub in unserem Nachbarland: Wer in Österreich im Schnee auf Sommerreifen angetroffen wird, zahlt bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bis zu 5.000 Strafe. In der Alpenrepublik gelten sowohl Reifen mit Alpine-Symbol als auch mit M+S-Kennung als Winterreifen, mit einer Mindestprofiltiefe von 4 mm für Radialreifen.

(osc)