Durstiges Deutschland

Nach erster Hitzewelle: Wird 2022 wieder ein Dürrejahr?

Carlo Pfaff und Silvia Soyter

Ein ausgetrockneter Weiher zeigt tiefe Risse. Wegen der Trockenheit im Freistaat steigt das Risiko für Wald- und Wiesenbrände zum Wochenende stark an. In Franken sind deswegen Beobachtungsflüge geplant, mit denen nach möglichen Feuern Ausschau gehalt
Trocken, trockener, Deutschland?

Die erste richtige Hitzewelle 2022 hat Deutschland überrollt. In weiten Teilen des Landes kam am Montag prompt die nasse Abkühlung. Doch die Böden sind zu trocken, die Wasserspeicher nicht annähernd aufgefüllt, der Regen nur der Tropfen auf dem heißen Stein. Wird 2022 wieder ein trockenes Waldbrandjahr?

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Klimawandel schlecht für Wasserspeicher

Der Klimawandel hat zunehmend Einfluss auf die Wasserverfügbarkeit in Deutschland. So verschärfen steigende Temperaturen nicht nur Flusswasserstände, auch die Wasserreservoirs der Republik können sich meist vor langen, heißen Sommern nicht richtig auffüllen. Eine Mischung aus

  • Niederschlag
  • Temperatur
  • Beschaffenheit der Böden

entscheidet am Ende darüber, welche Schäden die sommerliche Trockenheit tatsächlich verursacht. Starkregenereignisse in den warmen Monaten können die Reserven nicht auffüllen, der Regen erreicht die tieferen Erdschichten nicht, da er in das Kanalisationssystem oder Flüsse abfließt.

Dass es im Durchschnitt zu wenig geregnet hat, muss nicht sofort zum Problem werden, dabei kommt es auch auf die Beschaffenheit des Bodens und die Temperatur an. Tonhaltige Böden, wie wir sie im Harz vorfinden, können Wasser sehr gut speichern. Die eher aufgelockerte Bodenstruktur in Bayern begünstigt allerdings das Versickern des Wassers, wenn es über einen längeren Zeitraum nicht geregnet hat. Bei steigenden Temperaturen entziehen Pflanzen der Erde schneller Wasser und der Boden trocknet aus.

Trockenheit 2022: Hat Deutschland genug Regen?

Doch wie steht es um die Trockenheit im Jahr 2022 in Deutschland? „Das halbe Jahr ist ja fast vorbei und wir sollten daher 50 Prozent des normalen Niederschlages bis jetzt gesammelt haben. Das wären im landesweiten Schnitt 390 Liter pro Quadratmeter“, sagt wetter.de-Meteorologe Carlo Pfaff. Doch mit Blick auf die vergangene Hitzewelle und der Ankündigung, dass die Temperaturen in den kommenden Tagen wieder ansteigen werden, bleibt die Frage: Hat es ausreichend geregnet? Der Meteorologe sagt dazu: „Es war deutlich trockener als normal. Im Schnitt sind bislang nur 290 Liter pro Quadratmeter gefallen. Am wenigsten kam in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit gerade mal 172 Litern zusammen.“ Bereits die Sommermonate 2018 und 2019 waren viel zu trocken. Diese Defizite konnten in den Jahren 2020 und 2021 nicht ausgeglichen werden.

Im Osten sitzt man auf dem Trockenen: Sachsen kämpft gegen die Dürre

Forschungsergebnisse aus Kanada haben erschreckendes aufgedeckt: Deutschland hat in den vergangenen 20 Jahren Wasser im Umfang des Bodensees eingebüßt. Mit einem Wasserrückgang von rund 2,5 Gigatonnen im Jahr gehört Deutschland zu den Ländern mit dem weltweit höchsten Wasserverlust.

Da man auch in Sachsen befürchtet, in Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes „auf dem Trockenen“ zu sitzen, hat sich der Freistaat vorgenommen, die Wasserversorgung für eine wärmere Zukunft krisensicher zu machen. Vor allem der niedrige Grundwasserstand bereitet dem Bundesland Sorge. Bereits Anfang Juni wurde an über 80 Prozent der Messstellen ein im Durchschnitt 33 Zentimeter zu niedrigem Grundwasserstand festgestellt. Im Juni 2021 war dies bei nur 64 Prozent der Messstellen der Fall. So wurde in Sachsen im vergangenen Jahr die stärkste Grundwasserdürre seit Beobachtungsbeginn vor 100 Jahren festgestellt.

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther betont, dass die Lage angespannt sei. Am 27. Juni soll die Grundsatzkonzeption Wasserversorgung 2030 vorgestellt werden. Geplant sei das Verbundsystem zwischen den Talsperren auszubauen. Das soll regionale Wasserdefizite ausgleichen. Auch die Ressource Regenwasser soll nicht weiter ungenutzt in die Kanalisation abfließen, sondern in der Landwirtschaft genutzt werden oder in Städten in Zisternen aufgefangen werden. Aber auch die Bürger müssen in Zukunft sorgsamer mit der Ressource Wasser umgehen. Da kann auch eine Regentonne im heimischen Garten helfen.

Eine Kette liegt im ausgetrockneten Flussbett am Ufer der Elbe vor der Kulisse der Altstadt.
In Sachsen fürchtet man nach drei Dürre-Jahren, dass die Elbe auch 2022 wieder mit Niedrigwasser zu kämpfen haben wird.

Kreative Ideen sind gefragt

Doch was tun, wenn es zu wenig regnet? Um es auch in Dürreperioden regnen lassen zu können, genau dann, wenn man es am dringendsten braucht, erforschen Wissenschaftler das sogenannte „Cloud-Seeding“. Dabei wird Silberiodid in Regenwolken geschossen. Das kann die Feuchtigkeit der Wolke zu Tropfen binden, die dann auf die Erde fallen. Regen auf Knopfdruck sozusagen.

Vereinzelt wird diese Methode bereits in China und Russland getestet und in Langzeitstudien wurde die Umweltbelastung durch das Silberiodid als gering eingestuft. Sollte das Mittel allerdings weltweit zum Einsatz kommen, könnte sich auch die Umweltbelastung steigern. So warnen Forscher davor, dass auch kleine Mengen der Verbindung aus Silber und Iod für Meeresbewohner giftig sein können.

Silberiodid ist leider keine Zauberwaffe. In Regionen in den es üblicherweise nicht regnet, hat es nicht die gewünschte Wirkung. Es braucht die richtigen Wolken für das Verfahren des „Cloud-Seeding“. In besonders heißen Regionen würden die künstlich erzeugten Regentropfen auch einfach verdampfen. Allerdings könnte man so in Waldbrand gefährdeten Regionen wie Brandenburg, wo es in den warmen Monaten regelmäßig brennt, künstlich Regen erschaffen und das Risiko eindämmen.

Regentropfen liegen und hängen auf einem Schilfblatt in einem Garten. Der Regen hat auch für eine merkliche Abkühlung der Lufttemperatur gesorgt.
Könnte künstlich erzeugter Regen die Lösung für unser Dürre-Problem sein?

Nach den Dürrejahren 2018 und 2020: Wie trocken wird 2022?

Die erste Hälfte des Jahres war im Schnitt schon zu trocken. Aber steht Deutschland ein weiteres Dürrejahr wie 2018 oder 2020 bevor? wetter.de-Meteorologe Carlo Pfaff blickt auf die zweite Jahreshälfte: „Für den jetzigen Sommer rechnen die Computermodelle mit einer durchschnittlichen Regenmenge. Das bedeutet, dass wir nicht mit einer extremen Trockenheit in diesem Jahr rechnen müssen.“ Also Entwarnung auch für den Osten? Nicht ganz sagt Pfaff: „Die Defizite in den Bodenschichten vor allem im Osten des Landes werden aber wohl weiterhin bestehen bleiben.“

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(apf, sso mit dpa)