In vielen Produkten lauert Jahrhundertgift

PFAS: Warum die Ewigkeitschemikalien verboten werden müssen

von Oliver Scheel

Annette Riedl
Eine beschichtete Pfanne: Auch hier werden PFAS verwendet. Die sind aber biologisch kaum abbaubar und bleiben für Jahrhunderte in der Umwelt. Sie gelangen auch in unsere Körper und können da schwere gesundheitliche Schäden anrichten.

Ist es nicht wahnsinnig praktisch, dass die Pizza am Pappkarton nicht festklebt? Dass der Schinken in der Pfanne leicht anbrät und nicht mit der Pfanne verklebt? Und wie toll ist die wasserabweisende Outdoor-Kleidung? Damit das alles so klappt, werden Chemikalien in unseren Lieblings-Produkten verbaut. Chemikalien, von denen wir erstmal nichts sehen und nichts merken, die aber leicht in die Umwelt gelangen und da dann für Jahrhunderte verbleiben. Und Schaden anrichten. Es geht um die sogenannten PFAS (sprich Pefas). Fünf EU-Staaten wollen diese Stoffgruppe nun verbieten, da sie im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen, unfruchtbar zu machen, sowie Leberschäden und Schilddrüsenerkrankungen hervorzurufen.
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Warum sind PFAS so gefährlich?

PFAS werden auch Jahrhundertgift oder Ewigkeitschemikalien genannt. Sie sind kaum biologisch abbaubar und wurden nun bereits an 1.500 Orten in Deutschland nachgewiesen – vor allem entlang der Flüsse. Diese per- und polyfluorierten Chemikalien sind eine Gruppe von mehr als 10.000 künstlich hergestellten Stoffen. Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und werden fast überall eingesetzt: in Regenjacken, beschichteten Pfannen und in dem Papier, in das Burger eingewickelt werden. Sie sind auch in Shampoo, Creme oder Make-up. Auch im Löschschaum der Feuerwehr sind sie oder als Kühlmittel in Wärmepumpen, die nun millionenfach in deutschen Häusern eingebaut werden. Sie schaffen es auch in unsere Körper.

Prof. Thorsten Reemtsma vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig erklärt, worum es bei den PFAS geht: „Wenn man es in einem Satz zusammenfassen würde: PFAS sind alle für Umwelt und Menschen schlechten Eigenschaften versammelt in einer Stoffgruppe. PFAS sind persistent, das heißt, extrem langlebig in der Umwelt. Perfluorcarbonsäuren und Perfluorsulfonsäuren gehören zu den stabilsten Chemikalien, die wir kennen. Bevölkerungskreise, die Meeresfische verzehren, nehmen mit der Nahrung mit die höchsten Mengen von PFAS auf. Und PFAS verteilen sich global über die Atmosphäre, sodass PFAS heute ‚vom Himmel‘ regnen, auch in Regionen mit vermeintlich reiner Luft.

Zudem seien sie toxisch: „PFAS wirken negativ auf viele wichtige Lebensprozesse, darunter das Immunsystem und das endokrine System. Da PFAS sehr lange biologische Halbwertzeiten haben, verbleibt zum Beispiel ein aufgenommenes Molekül von PFOA etwa ein Jahr im menschlichen Körper“, so Reemtsma.

Deshalb wollen fünf Staaten diese Substanzklasse nun verbieten. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte in einem ARD-Interview, wir könnten es uns nicht leisten, „sie weiter in diesem Umfang in die Umwelt zu entlassen - mit teilweise unbekannten Folgen“.

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Bayer und BASF wehren sich gegen Verbot

Uwe Zucchi
Über Abwasserkanäle gelangen PFAS in die Flüsse. Entlang des Rheins zum Beispiel sind die Chemikalien an hunderten Orten nachgewiesen.

Die chemische Industrie, allen voran Bayer und BASF, wehren sich gegen ein Verbot und versuchen, dieses mit Ausnahmen zu verwässern. BASF und Bayer schreiben auf Anfrage, ein mögliches Verbot dürfe nicht die Verwendung von PFAS in Schlüsselsektoren verhindern. BASF nennt etwa Batterien, Halbleiter, Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien. Eine Entscheidung über das PFAS-Verbot wird wohl im Jahr 2025 fallen.

Die Wissenschaft ist erfreut über den Vorstoß, diese Stoffe zu verbieten. „Das Wichtigste ist, dass nun endlich ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der die ganze Stoffgruppe und nicht nur kleine Teile davon betrifft“, sagte Prof. Henner Hollert, Umwelttoxikologe der Universität in Frankfurt am Main. „Maßnahmen zur Risikominderung und das Verbot einzelner PFAS können keine Lösung sein. Die Eigenschaften von PFAS machen deutlich, dass diese Stoffe nicht beherrschbar sind und alles getan werden muss, um sie zu vermeiden. Letztlich muss die vollständige Eliminierung das Ziel sein.“

Denn sonst werden es immer mehr und mehr Chemikalien, die sich auf unserem Planeten ansammeln. Und wir alle werden unweigerlich mit ihnen in Kontakt kommen und sie aufnehmen.

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(osc)