Lkw, Fliegerei oder doch beim Heizen?

Ein Player in der Energiewende: Wo wir Wasserstoff wirklich brauchen

von Oliver Scheel

Über die Rolle von Wasserstoff bei der Energiewende wird viel gestritten. Die Herstellung von Wasserstoff ist sehr teuer – das ist das Hauptproblem. Es gibt aber einige Bereiche, in denen der Einsatz sehr sinnvoll sein kann. Und klar ist, wir brauchen den grünen Wasserstoff. Nur dieser mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellte Wasserstoff hilft wirklich im Kampf gegen die Erderwärmung.
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Wasserstoff benötigt vor allem eines: Enorme Mengen erneuerbare Energien

Prinzipiell ist Wasserstoff ein echter Alleskönner. Wir brauchen ihn bei der Herstellung von Ammoniak, was wiederum bei der Düngeproduktion wichtig ist. Wir können ihn nutzen, um mit Brennstoffzellen Fahrzeuge wie Busse, Lkw, Züge, aber auch Schiffe und Flugzeuge zu betreiben. Wir können ihn direkt verbrennen oder auch als Energiespeicher nutzen.

Damit wir Wasserstoff aber sinnvoll einsetzen und er wirklich in der Klimakrise hilft, brauchen wir große Mengen an erneuerbaren Energien. Nur dann ist der Wasserstoff „grün“, also CO2-neutral.

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Aber wo können wir den Wasserstoff denn nun nutzen?

Wasserstoff ist im Moment noch sehr teuer. Wir werden ihn also nur da einsetzen, wo die Elektrifizierung an ihre Grenzen kommt. Das ist vor allem die Stahl- und Zementindustrie, der Schiffsverkehr und der Langstreckenverkehr auf der Straße.

Wasserstoff wird künftig also da benötigt, wo keine effizientere Lösung verfügbar ist. Die Bundesregierung formuliert es so: „Relevant ist Wasserstoff im Verkehr überall dort, wo Elektrifizierung in absehbarer Zeit nicht möglich ist oder relevante Nachteile hat.“ So könnte Wasserstoff auch in der Fliegerei zum Einsatz kommen, da Batterien hier keine ausreichende Reichweite bieten.

Michael Sterner, Leiter der Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher an der Ostbayerischen TH Regensburg, glaubt, dass bei der Transformation unseres Energiesystems Wasserstoff vor allem im Verkehr eine große Rolle spielen wird – „insbesondere im Langstrecken- und Schwerlastverkehr, also dem Flug- und Schiffsverkehr, bei Arbeitsmaschinen und LKW“. Für kurze Strecken eigneten sich eher batteriebetriebene LKW.

Und wo wird der Wasserstoff eher nicht benötigt?

ARCHIV - 12.06.2020, Mecklenburg-Vorpommern;Saarland, Laage: Ein mit der Aufschrift «Wasserstoff» gekennzeichnete Rohrleitung ist in der Brennstoffzelle eines Wasserstoff-Kraftwerks. Die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff sind vielfältig: Das soll die bundesweite Woche des Wasserstoffs (WDW) zeigen, an der sich vom 15. bis 23. Juni auch das Saarland beteiligen wird. (zu dpa: «Wasserstoff-Woche zeigt Saarländern Einsatzmöglichkeiten») Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wasserstoff ist ein Player bei der Energiewende. Nur wo brauchen wir ihn?

„Es ist wichtig, vorherzusagen, in welchen Sektoren und für welche Verwendungen Wasserstoff überhaupt in Frage kommen könnte. Fast noch wichtiger ist es, zu wissen, in welchen Sektoren Wasserstoff nicht kompetitiv sein wird, damit wir dort sinnvollere Lösungen entwickeln und bauen können“, erläutert Johan Lilliestam, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Nicht einsetzen sollten wir Wasserstoff in erster Linie beim Heizen: „Für das Heizen von Gebäuden wird Wasserstoff kaum eine Rolle spielen, da es viel zu teuer ist und bleiben wird und andere Technologien wie Wärmepumpen viel effizienter und günstiger bleiben werden“, sagt Lilliestam.

Immer, wenn Batterien eingesetzt werden können, ist das besser und günstiger als Wasserstoff: “Hier ist Wasserstoff einfach nicht so effizient wie Batterien – ein Wettbewerbsvorteil, der sehr wahrscheinlich noch größer werden wird, da die Batterieentwicklung, getrieben von der E-Autoindustrie, einfach rasant vorangeht“, so Lilliestam.

Wasserstoff hat viele Farben

Wichtig ist, dass der Wasserstoff „grün“ ist, sonst dient er nicht im Kampf gegen die Erderwärmung. Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Dafür wird Strom aus erneuerbaren Energiequellen genutzt und dann ist der Wasserstoff CO2-frei.

Auch der orange Wasserstoff gilt als CO2-neutral, weil er auf Basis von Abfall produziert wird.

(osc)