30 Prozent der Erde sollen unter Schutz

UN-Weltnaturkonferenz COP15: Starke Ziele bei Artenschutzkonferenz in Montreal

von Oliver Scheel

Auch wenn wir es vielleicht gar nicht merken: Wir leben in einer Zeit des Massenaussterbens. Es ist das sechste große Artensterben der Geschichte unserer Planeten. Pro Tag verschwinden etwa 150 Arten von unserem Planeten – für immer. Nun hat der 15. Weltnaturgipfel COP15 in Montreal eine Abschlusserklärung vorgelegt, die Naturschützer kritisieren und Politiker als historisch verklären. Was wurde beschlossen und ist es wirklich der große Wurf, um dem Artensterben auf dieser Erde entgegenzuwirken?
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Mehr Schutzzonen und Halbierung schädlicher Subventionen

December 7, 2022, Montreal, PQ, Canada: Secretary-General of the United Nations Antonio Guterres delivers remarks prior to a meeting with Prime Minister Justin Trudeau in Montreal on Wednesday, December 7, 2022. (Credit Image: © Paul Chiasson/The Canadian Press via ZUMA Press) / action press
COP15 Konferenz in Montreal: UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagt, wir führen "Krieg gegen die Natur"

Nach rund zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die Teilnehmer des Weltnaturgipfels im kanadischen Montreal auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Darin stellen sich die rund 200 Staaten unter anderem das Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Außerdem soll mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgegeben werden. Dafür sollen beispielsweise reichere Länder ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zukommen lassen. Die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pestizide soll bis 2030 halbiert und umweltschädliche Subventionen abgebaut werden.

Nach der Verabschiedung brach bei der Plenarsitzung im Kongresszentrum in Montreal, die zuvor immer wieder zeitlich nach hinten verschoben worden war, lauter Jubel aus. Organisatoren, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen hatten bis zuletzt gehofft, dass bei dem Treffen noch ein richtungsweisendes globales Abkommen für den Artenschutz verabschiedet werden kann.

Lob hier - Kritik da

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sprach von einem Schutzschirm für die Lebensgrundlagen. "Die Staatengemeinschaft hat sich dafür entschieden, das Artenaussterben endlich zu stoppen", erklärte sie. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte das Abkommen gleich mal ein „historisches Ergebnis“. „Die Weltgemeinschaft verfügt nun über einen Fahrplan zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur und zu einer nachhaltigen Nutzung – für heutige und künftige Generationen“, sagte sie.

Die Umweltschutzorganisation WWF zeigte sich nach den harten Debatten um das Abkommen insgesamt zufrieden: "Der Knoten ist heute geplatzt und die Verhandlungsstaaten haben es geschafft, sich auf ein lückenhaftes, aber letztlich überraschend gutes Rahmenwerk zu einigen", sagte WWF-Deutschland-Experte Florian Titze. Zu den Schwachstellen gehörten unter anderem die Regelungen für die verbleibenden Ökosysteme außerhalb von Schutzgebieten. Die Hilfen für die Staaten auf der Südhalbkugel seien ein guter Anfang, es sei aber noch mehr Unterstützung nötig.

Nabu reicht die Vereinbarung nicht

Der Naturschutzbund Nabu reagierte etwas weniger euphorisch: Trotz inhaltlicher Fortschritte reiche die Vereinbarung nicht aus, um den Verlust der Artenvielfalt und von Ökosystemen zu stoppen oder umzukehren. „Die Welt rast in der Natur- und Klimakrise auf einen Abgrund zu“, warnte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Doch statt entschieden zu bremsen, geht sie lediglich etwas vom Gas.“

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Klimawandel und Artensterben sind Zwillinge

Der Pazifik ist der größte Ozean der Welt und bedeckt fast 30% unseres Planeten. Es ist die Heimat einer atemberaubenden Artenvielfalt.

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30 Prozent der Meeresfläche sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden.

Viele Subventionen gehen immer noch in die falsche Richtung und sind so einer der Haupttreiber des Artensterbens: So werden jährlich etwa 143 Milliarden US-Dollar in den Erhalt der Biodiversität gepumpt. Aber gleichzeitig gebe es private Investitionen in Höhe von 2,6 Billionen US-Dollar und öffentliche Subventionen in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar, die die Biodiversität im gleichen Zeitraum schädigen oder gar vernichten. Wollen wir die Artenvielfalt retten, müssen Anreize geschaffen werden, in den Schutz und Erhalt der Biodiversität zu investieren.

So sagte Kai Niebert, Präsident des Rates für Nachhaltige Entwicklung, am Beginn der Konferenz: „Wir befinden uns mitten im sechsten großen Artensterben der Erdgeschichte und das erste Mal sind wir Menschen die Verursacher. Die voranschreitende Klimakrise verschärft die Lage dramatisch. Viele unserer Ökosysteme stehen kurz vor dem Kipppunkt - international, aber auch in Deutschland, wie beispielsweise nährstoffarme Moore oder artenreiches Grünland. Weil die Natur so belastet ist, reicht es künftig nicht mehr, Verluste einfach nur auszugleichen, sondern wir müssen den Zustand der Natur an anderer Stelle qualitativ deutlich verbessern. Dies erfordert ein grundlegendes Umdenken, um großflächig bessere Lebensbedingungen in unseren Kulturlandschaften herzustellen und Schutzgebiete wieder zu ungestörten Rückzugsflächen zu machen."

Denn der Klimawandel und das Artensterben sind wie Zwillinge. Und am Ende zerstört der Mensch seinen eigenen Lebensraum. Ohne Artenvielfalt werden wir nicht überleben. Deshalb ist schnelles Handeln so wichtig.

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(osc, mit Agenturen)