Unwetter, Starkregen, Hitze
Wird heute mehr vor Extremwetter gewarnt als früher?
Wir leben in der Zeit einer sehr schnellen Erderwärmung. Unser Klima hat sich nie so rapide verändert wie jetzt. Das macht natürlich auch etwas mit dem Wetter. Starkregenereignisse häufen sich, Hitzewellen nehmen an Intensität zu. Und es wird auch viel vor solchen Extremwettern gewarnt. Mehr als früher? Und erfolgen diese Warnungen zurecht? Oder ist das schon hysterisch?
Warnungen werden punktgenauer - das ist gut
Unser Wetter wird extremer, das ist unbestritten. Und es wird auch immer besser beobachtet. So können die Behörden auch gezielter und effektiver warnen. Und das tun sie. Um es kurz zu machen: Ja, heute gibt es mehr Wetterwarnungen als früher. Aber ist das nun Hysterie?
Nein, wir sollten einen etwas entspannteren Blick auf die Dinge nehmen und froh darüber sein, dass gewarnt wird. Denn die Warnungen sind gut und richtig. Schließlich sind Extremwetterereignisse gefährlich und wenn wir ein paar Menschenleben damit retten können, ist es doch gut.
Die gestiegene Anzahl der Wetterwarnungen ist in erster Linie auf technische Fortschritte und eine bessere und detailliertere räumliche Auflösung der Warnungen zurückzuführen. So bestätigt ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes, dass man vor zwanzig Jahren noch ganze Bundesländer pauschal bewarnt habe, man aber heutzutage „fast punktgenau die Menschen” erreiche.
Apps und Warnstufen machen Warnungen präziser
Es vergeht eigentlich kein Tag ohne Wetter-Warnungen. Das kann man nun albern oder übertrieben finden, wichtig ist die Einordnung. Der DWD erstellt jährlich rund 200.000 Wetterwarnungen sowie etwa 5.200 Unwetter- und extreme Unwetterwarnungen auf Landkreisebene. Durch die Warnstufen von 1 bis 4 wird ja ersichtlich, wie schwer das Unwetter bzw. wie extrem die Wetterlage wird.
Die Menschen sollten dankbar sein, dass gewarnt wird, auch wenn nicht immer Leib und Leben bedroht ist. Wenn im Schwarzwald vor Sturmböen gewarnt wird, ist das für Wanderer und Radfahrer immer noch ein wertvoller Hinweis. Vielleicht ändere ich mein Ziel oder ich bin zumindest besser vorbereitet, wenn ich von der Warnung weiß.
Auch das kann schon eine Notlage ersparen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Bergrettung Menschen in Flipflops aus einem Extremwetter holen muss, das dann auch schnell mal tödlich enden kann. Man muss nur einmal mit falschem Schuhwerk ausrutschen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Orkan Sabine 2020
Ein gutes Beispiel für ein verantwortungsvollen Umgang mit einem aufziehenden Sturm war der Orkan Sabine, der im Februar 2020 Westeuropa und Deutschland erfasste. Es wurde großräumig und ausgiebig gewarnt. Die Behörden reagierten auf die Warnungen recht strikt und schlossen öffentliche Einrichtungen, es wurde auch ein Bundesligaspiel und ein Festival abgesagt. Bei dem Sturm starben europaweit 14 Menschen. Das wiederum rief die Kritiker auf den Plan, vor Orkan Sabine sozusagen überwarnt und überreagiert zu haben.

Was aber, wenn ohne die Warnungen vielleicht 200 Menschen gestorben wären? Dann hätte es sicher ein Riesen-Geschrei gegeben, wieso von den Behörden keine Maßnahmen ergriffen wurden. So wie bei der Ahrtal-Katastrophe, deren Ausmaß trotz Warnungen von vielen unterschätzt wurde. Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Behörden und auch die Wetter-Seiten da wandern. Keine Hysterie erzeugen, aber mit Nachdruck warnen. Man kann es nicht immer allen recht machen.
Fakt ist: Hitze und Starkregen nehmen zu
Eins ist klar: Hitze und Starkregen werden schlimmer. Wir erreichen heute Temperaturen, die vor einer Generation nicht für möglich gehalten wurden. Das verändert natürlich auch den Katalog der Warnungen. Hitze ist ein Killer. Jede Hitzewelle erzeugt Todesopfer, die aber nicht so leicht messbar sind wie bei einem Sturm. Aber Hitze ist ein absolut ernstzunehmendes Problem. Alte Menschen dehydrieren schnell.
Fakt ist: Auch in Deutschland wird die Hitze schlimmer und häufiger. Bezogen auf Deutschland hat sich die Zahl der Hitzetage von 26 auf 50 fast verdoppelt. Vier Milliarden Menschen waren aufgrund des Klimawandels zwischen Mai 2024 und Mai 2025 mindestens einen zusätzlichen Monat extremer Hitze ausgesetzt. Hitze tötet.

Da sollten wir uns nicht wundern, wenn viel gewarnt wird. Ähnlich verhält es sich beim Starkregen. Regen fällt in Zeiten der Klimakrise vor allem anders verteilt: In der Mittelmeerregion kommt es zu längeren und intensiveren Dürren und dann zu sich heftig entladendem Starkregen, der von den Böden nicht aufgenommen werden kann.
Das ist auch einfache Physik: Denn wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Ein Grad wärmere Luft kann sieben Prozent mehr Feuchtigkeit speichern. Auch die wärmer werdenden Meere tragen hierzu bei. Es verdunstet mehr Wasser und durch die hohen Wassertemperaturen können sich Stürme verschlimmern. Wenn in diesen Zeiten also mehr gewarnt wird, dann hat das sehr viele sehr einleuchtende Gründe.
Was nicht geht ist: Klicks absahnen wegen einer Wetterlage
Leider leben wir auch in einer Zeit, in der normale Wetter-Ereignisse völlig überverkauft werden, damit die Klickzahlen steigen. Wenn es im Winter mal ein paar Tage kalt wird, weil wir kalte Ost-Luft vom Kontinent kriegen, dann ist immer schnell von der „Russen-Peitsche” und der „Sibirien-Klatsche” die Rede. Tatsächlich werden Kältewellen immer seltener in einer wärmer werdenden Welt. Was für unsere Oma ein normaler Wintertag war, ist jetzt für viele Journalisten offenbar eine Art Apokalypse.
Genauso im Sommer, wenn die „Hitzeblase” und die „Sahara-Düse” bemüht werden. Meist haben diese Meldungen einen wahren Kern, werden aber völlig dramatisiert. Und wenn es im Mai nochmal eine Nacht mit Bodenfrost gibt, dann wird der „Wintereinbruch” herbeigeredet. Das ist völliger Quatsch.
Nichtsdestotrotz mag dieses Wetter eine Warnung wert sein. Nur versetzt die verzweifelte Suche nach immer neuen Superlativen beim Wetter die Grenzen. So wird irgendwann nichts mehr ernstgenommen. Und das wiederum kann dann tödlich enden. Das hat aber nichts mit den Warnungen der Behörden zu tun, sondern mit dem, was manche Portale daraus machen.
(osc)