4 Jahre Ahrtal
Das aktuelle Gefahrenpotential einer neuen Flut-Katastrophe in Deutschland

Der Sommer 2025 in Deutschland ist auf Krawall gebürstet. Hohe Temperaturen, teils Hitze und Gewitter mit Unwettergefahr wechseln sich ab. Überflutungen in Europa lassen aufhorchen. Wie groß ist aktuell die Gefahr einer neuen Flut-Katastrophe bei uns?
Ausgangslage: Großes Potential für Unwetter in Deutschland
Wir aus der Wetterredaktion schauen gerade extrem genau auf die Wetterkarten. Es ist Sommer, klassische Unwetterzeit. Das war schon früher so. Aber es hat sich einiges verändert. Die Luft ist wärmer als früher und das auch überall um uns herum. Damit besitzt sie mehr Energie. Gleichzeitig kann sie größere Mengen Wasserdampf aufnehmen. Das ist sogar ein riesiges Plus an Energie.
Woher kommt die ganze Feuchtigkeit? Bei uns hauptsächlich aus dem Nordatlantik und dem Mittelmeer. Ersterer ist weiterhin extrem warm – nicht mehr so warm wie zu den Rekordjahren 2023 und 2024, aber auf Platz 3 und damit wärmer als 2021. Das war das Jahr der schrecklichen Flutkatastrophe im Ahrtal. Und das Mittelmeer rangelt in diesem Jahr mit den vorangegangenen Jahren um Platz 1 bei den Temperaturen. Zuletzt wurden neue, sehr hohe Rekorde verzeichnet.

Damit verdampft unheimlich viel Wasser um uns herum und die warme Luft saugt es wie ein Schwamm es auf. Irgendwann kommt diese Feuchtigkeit aber wieder runter. Wo und wann, hängt von der Wetterlage ab.
Vb-Wetterlage könnte zur Flut-Katastrophe führen
Vorweg: Niemand wünscht sich eine Flut herbei. Wir wollen aber skizzieren, welche Wendungen dieser Sommer noch nehmen könnte. Im Zweifel müsst ihr unsere Warnungen richtig einschätzen können. Und manchmal geht es eben ganz schnell. Bei dieser Energie können sich Gewitter sehr schnell zu heftigen Unwettern entwickelt. Mit Sturmböen, Hagel und Starkregen ist nicht zu spaßen. Langanhaltende Wetterlage können dazu sehr viel Regen an Ort und Stelle produzieren, gerade an Gebirgen. Dieser Stauniederschlag hat in der Vergangenheit schon häufiger zu verheerenden Hochwassern geführt.
Die womöglich größte Gefahr geht von einem sogenannten Vb-Tief aus, gesprochen „5b“. Dabei rutscht ein Tief von Westeuropa erst nach Südeuropa, in der Regel nach Norditalien. Dort saugt es sich mit der Feuchtigkeit und Wärme des Mittelmeers voll. Dann zieht es in einem Bogen an den Ostalpen nordwärts und liegt mit dem Zentrum irgendwo über dem Nordosten Österreichs, Tschechien oder Polen.
Das Problem für uns: Diese Tiefs sind durch die Feuchtigkeit vom Mittelmeer extrem regenintensiv. Einmal bei uns angekommen, verlagern sie sich oft nur noch langsam oder gar nicht. Die Regenfälle werden entgegen des Uhrzeigersinns um das Tief geleitet und klatschen dann beispielsweise gegen das Erzgebirge oder die deutschen Alpen. Gleiches kann in Tschechien und Polen geschehen, gerade für die Elbe extrem relevant. Das Resultat sind schreckliche Fluten wie 2002 in Ostdeutschland oder 2013 im Osten und Südosten Deutschlands. Letztes Jahr erwischte es Tschechien und Polen. Und auch der Ahrtal-Katastrophe lag nicht die gleiche aber eine vergleichbare Wetterlage zugrunde.

Aktuelle Anzeichen in den Wetter-Modellen
Gut, Worst Case-Szenarien gibt es immer und wir lassen euch damit meist und gern in Ruhe. Es gibt aktuell aber Ereignisse, die uns aufhorchen lassen. Die Unwetter in Barcelona vor wenigen Tagen haben gezeigt, wie aus „normalen“ Gewittern durch die große Feuchte am Mittelmeer heftige Sturzfluten resultieren. Der Dauerregen am Wochenende mit punktuell über 80 Litern pro Quadratmeter brachte tatsächlich schon ein Tief aus Osten mit Feuchtigkeit vom Mittelmeer. Wir sind da mit einem blauen Auge davongekommen, weil das Tief die Feuchte nur aus der Ferne angezogen hat und nicht vor Ort aufgeladen hatte.
Die Wettermodelle spielen aber tatsächlich immer wieder mal mit „richtigen“ Vb-Wetterlagen. Vor kurzem berechnete das kanadische Wettermodell GEM 200 bis 350 Liter in kurzer Zeit in Sachsen und angrenzenden Regionen. Das wäre mehr als bei der Flut 2013 und ähnlich viel wie 2002. Solche Modellberechnungen waren bisher einzelne Ausreißer. Aber sie zeigen, was derzeit möglich ist. Vor jeder Flut geht es erst mit solchen Ausreißern los. Daher beobachten wir derzeit so genau das Geschehen.
Klar ist: Diese Entwicklung ist aktuell absolut plausibel und nicht unwahrscheinlich. Immer wieder rauschen in der nächsten Zeit Tiefs vom Atlantik nach Mitteleuropa und verirren sich dort, kreisen umher. Es muss nur eines davon zu weit südlich ausscheren und schon würde es über Norditalien und danach eventuell zu uns ziehen.
Vorsorge und Information ist essenziell in diesen Zeiten
Manche mögen das jetzt trotz aller Erklärungen als Schwarzmalerei bezeichnen. Für uns ist wichtig: Verfolgt bitte das Wettergeschehen in diesem Sommer aufmerksam. Derzeit gibt es in Bezug auf eine Flut-Katastrophe keinerlei Grund zur Sorge. Im Fall der Fälle kann es aber schnell gehen und innerhalb weniger Tage ist eine Extremwetterlage da.
Daher ist Information und Vorsorge essenziell. Das gilt besonders für Regionen, in denen Extremwetterereignisse besonders oft und heftig zuschlagen können. Oft sind wir leider nicht genug vorbereitet. Was es dazu braucht, hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zusammengefasst.
(phe)