"Wir sind in einer Klimakrise – Wir haben ein sehr ernstes Problem"
Weltklimarat-Bericht: Wissenschaftler werden persönlich und sind voller Sorge
Am Mittelmeer brennt es, in Deutschland lassen die Bilder von der Flutkatastrophe uns immer noch den Atem stocken. Der Klimawandel geht voran und die Wetter-Extreme werden immer schlimmer. Genau zu dieser Zeit legt der Weltklimarat (IPCC) nach rund sieben Jahren wieder einen Sachstandsbericht vor. Die zentrale Aussage: Menschliche Aktivitäten sind hauptsächliche Ursache der Klimaerwärmung.Der Bericht stellt eindeutig fest, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf knapp 1,5 oder 2 Grad nicht möglich ist, wenn die Treibhausgasemissionen nicht schnell, umfassend und nachhaltig verringert werden.
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Gravierende Folgen für Mittel- und Westeuropa

In einem Presse-Briefing erklärten die Autoren und Autorinnen den Bericht und gaben auch persönliche Einblicke in die Arbeit der Wissenschaft. Insgesamt haben an dem Bericht mehr als 230 Forscher mitgearbeitet. Veronika Eyring vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen erklärte, die menschlichen Aktivitäten seien hauptsächlich verantwortlich für die Klimaerwärmung. „Mit Geschwindigkeiten, wie wir sie in Jahrtausenden nicht beobachtet haben. Die Veränderungen finden in allen Regionen der Erde statt“, sagte sie und ergänzte: “Wir müssen hier die Verantwortung übernehmen für viele kommende Generationen.“
„Die Extremereignisse der letzten Wochen haben unsere Beobachtungen bestätigt. Wir registrieren eine Zunahmen von Dürren und Starkniederschlägen, also von Klimaextremen bei der Klimaerwärmung“, sagte Sonia Seneviratne von der ETH Zürich.
Die Brände am Mittelmeer und natürlich die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands haben eindrucksvoll gezeigt, was die Klimakrise bedeutet: „Die Zunahme von Starkniederschlägen und Dürren ist relevant für Ernährung und Landwirtschaft. Das heißt, Mitteleuropa ist voll getroffen vom Klimawandel.“
"Wir legen heute fest, was die kommenden Millionen Jahre passiert"
Dr. Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie für Hamburg wurde deutlich: „Wenn wir nicht bis 2050 oder spätestens 2070 die CO2-Emissionen auf Netto-Null runterfahren, dann werden wir die Ziele krachend verfehlen. Wir legen in den nächsten paar Jahrzehnten fest, was die kommenden Hunderttausend oder Millionen Jahre geschieht.“
Schnelles Handeln ist geboten, denn „wir sind zusammen mit der fossilen Energiewirtschaft gerade dabei, das Klimasystem in wenigen Jahrzehnten weit über den natürlichen Bereich der vergangenen Millionen Jahre hinaus zu katapultieren“, wie es Prof. Dr. Fortunat Joos von der Universität Bern formulierte.
"Die Erde gleicht einem Tanker mit einem sehr großen Bremsweg"

Wir haben aber noch die Chance, die Wahrscheinlichkeit auf katastrophale Ereignisse wie die Flut im Westen zu verringern. Dafür müssen wir aber jetzt handeln, denn: „Die Erde gleicht einem Tanker mit einem sehr großen Bremsweg. Die von uns eingeleiteten Entwicklungen werden sich teilweise über Jahrzehnte und Jahrhunderte fortsetzen. Vor allem Veränderungen im Ozean – also Erwärmung, Versauerung und Abnahme des Sauerstoffs – und der Abbau der Eisschilde sind auf menschlichen Zeitskalen irreversibel. Die große Trägheit des Klimasystems mahnt zur Vorsicht und zu einem raschen Ausstieg aus den CO2-Emissionen“, sagte Joos.
Forscher werden persönlich: "Bin besorgt, habe aber keine Angst"

Der Beitrag der Arbeitsgruppe beschreibt die physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Die Wissenschaftler haben bei der Präsentation ihrer Forschung auch durchaus persönliche Kommentare abgegeben. So sagte Eyring, dass sie das Engagement der jungen Generation ermutige, „dass wir das schaffen“.
Marotzke warnte eindringlich: „Wir sind in einer Klimakrise – wir haben ein sehr ernstes Problem. Die Regierungen haben sich 2015 auf die Pariser Klimaziele geeinigt. Wir sind kurz davor, dieses Ziel zu verpassen. Meine Hoffnung aber liegt darin, dass die nächste Klimakonferenz in Glasgow ein Erfolg wird. Ich bin von jeher Optimist. Besorgnis ja, Unruhe ja, aber ich habe keine Angst.“
Empfehlung an die Politik: "Wie ernst meint ihr es mit dem Klima?"
Eine direkte Botschaft an die im Herbst anstehende UN-Klimakonferenz in Glasgow liefert die Wissenschaft nicht. „Aber wir können an die Politik die Frage richten: Wie ernst meinen Sie es mit dem Klimaschutz? Wenn es ihnen ernst ist, dann müssen sie die Emissionen schnell herunterfahren“, sagte Marotzke.
Abschließend sagt er: „Wir brauchen viel Geduld. Es gibt keine schnelle Lösung. Selbst wenn wir es schaffen, die CO2-Emissionen auf Netto-Null zu bringen, dauert es Jahre, bis wir die Erfolge messen können.“
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(osc)