Stichwort Ausaperung

Aus für die Gletscher - intensive Heißluftphasen und zu wenig Schnee im Winter

von Oliver Scheel

Ein schneearmer Winter hat immer auch Folgen für den darauffolgenden Sommer. Vor allem, wenn es wie in diesem Jahr so früh schon so warm ist. Die Probleme sind sehr vielfältig und werfen einen Blick auf die gar nicht mehr so entfernte Zukunft in der Klimakrise. Was passiert mit den Alpen, wenn die Gletscher verschwunden sind? Die Probleme deuten sich nicht nur an, sie sind schon Realität.

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Das bedeutet Ausaperung - eine gefährliche Sache

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Die Zugspitze bietet zur Sommersonnenwende 2022 ein trauriges Bild: Kaum Schnee mehr. Unten sehen Sie wie die Schneelage im vergangenen Jahr war: Wesentlich besser. Quelle: Foto-webcam.eu

Besonders an den südlichen Hängen der Alpen war der Winter sehr, sehr schneearm. Im Tessin fiel beispielsweise mehrere Monate kein Niederschlag. Im Norden der Alpen war es nicht ganz so schlimm, aber der Winter hatte immer wieder sehr warme Phasen im Gepäck – erinnern wir uns nur an den Jahreswechsel, der vielerorts bei 17 oder 18 Grad vonstatten ging – so dass der Schnee immer wieder bis in große Höhen abtaute. Wegen des nun sehr warmen Frühjahrs und der ersten krassen Heißluftphase vergangene Woche haben die Schneefelder in den Alpen sehr gelitten, bzw. sind überhaupt nicht mehr vorhanden.

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Das bedeutet Ausaperung: Normalerweise liegen am Zugspitzblatt Mitte Juni noch rund 2 bis 3 Meter Schnee. Nun aber ist da nicht mehr viel übrig. Ähnlich früh, so berichtet der Deutsche Wetterdienst, war es zuletzt 1960 der Fall, dass kaum mehr Schnee auf Deutschlands höchstem Berg lag. Das hat Folgen. Ausaperung bedeutet das Abschmelzen der Schnee- und Eisdecke, so dass der darunterliegende Boden ganz oder teilweise zu Tage tritt. An vielen Bergflanken wird aber durch den Schnee loses Geröll zusammengehalten. Durch Ausaperung kann es also zu Steinschlag und Bergrutschen kommen.

Darum sind die Schneefelder so wichtig

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So sah die Zugspitze zur Sommersonnenwende 2021 aus. Schnee satt. Quelle: Foto-webcam.eu
  • Je mehr Schnee im Winter auf die Gletscher fällt, umso besser. Denn die Alpengletscher tauen ab. Je mehr Schnee also zusätzlich auf die Gletscher fällt, umso weniger krass ist die Gletscherschmelze im Sommer. Wir werden im Sommer 2022 eine fürchterliche Gletscherschmelze erleben.
  • Der im Winter gebundene Schnee, der im Sommer abtaut, speist die großen Flüsse mit Wasser. Besonders schlimm ist das nun zu sehen am Wasserstand des größten italienischen Flusses Po, der einen historischen Niedrigstand aufweist. Im Norden Italiens herrscht die schlimmste Dürre seit 70 Jahren. Und der Sommer kommt ja erst. Viele Regionen haben die Regierung in der Hauptstadt Rom aufgefordert, den Notstand auszurufen. Ernten stehen auf dem Spiel, Bewässerung kann nicht durchgeführt werden, Flüsse fallen trocken, mit schlimmen Folgen für Mensch und Tier. Im nördlichen Piemont rationierten die Behörden in einigen Gemeinden schon das Trinkwasser. Der Energieversorger Enel nahm wegen des niedrigen Pegelstands im Po ein Wasserkraftwerk nahe Piacenza aus dem Betrieb. Es kam schon die Idee auf, Wasser aus dem Gardasee in den Po zu leiten.
  • Im Übrigen sind die Schneefelder auch für die Wiesen und die Pflanzen wichtig. Eine Schneedecke im Winter schützt tatsächlich vor Kälte. Denn unter Schnee wird es nicht klirrend kalt, sondern die Temperatur bleibt bei knapp unter null Grad. Der Schnee wirkt dabei wie eine Dämmung. Je mehr desto besser. Denn dann kann die klirrend kalte Luft weder den Erdboden noch die zarten Wurzeln der Pflanzen attackieren.

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(osc)