Wenn der Keller plötzlich raschelt

Plage aus der Kanalisation? Was hinter den Rattenmeldungen in Rheinland-Pfalz steckt

von Amelie von Kruedener

Ratten auf der Straße
Ratten sind clever und sozial - Sie helfen verletzten Artgenossen, lernen durch Beobachtung und erkennen sich teilweise im Spiegel. Wissenschaftlich gesehen: kleine Genies im Pelz. Wollen wir sie

Illegale Müllablagerung, zugängliche Keller und Kanäle: In vielen Städten von Rheinland-Pfalz häufen sich Rattenmeldungen. Jetzt wird diskutiert, wie man die Plage ohne Gift in den Griff bekommt – und ob die Lage wirklich bedrohlich ist.

Immer mehr Sichtungen, immer mehr Sorgen

In rheinland-pfälzischen Städten werden sie zunehmend zum Dauerthema: Ratten. Die einen wittern Panikmache, andere sehen eine echte Gesundheitsgefahr. Fest steht: Die Nager fühlen sich in urbanen Regionen pudelwohl – reichlich Müll, warme Keller, Abflüsse, die für die Ratten leicht zugänglich sind. Und diee gefürchteten Nager sind nicht nur lästig, sondern auch ein Gesundheitsrisiko.

Ratten: Klug, sozial – und anpassungsfähig

Ratten sind wahre Überlebenskünstler. Sie kommunizieren über Ultraschalllaute, erkennen sich gegenseitig am Geruch und leben in komplexen sozialen Strukturen. Als dämmerungs- und nachtaktive Tiere bleiben sie meist unsichtbar – es sei denn, die Population wächst über ein gesundes Maß hinaus. Dann verlassen sie die Kanalisation auch tagsüber – ein sicheres Zeichen, dass das ökologische Gleichgewicht gestört ist.

Ratten können durchs Klo kommen? Ja, wirklich. Wanderratten schwimmen durch Abwasserrohre – und tauchen mitunter direkt in der Kloschüssel auf. Drei Minuten tauchen? Kein Problem.
Ratten können durchs Klo kommen? Ja, wirklich. Wanderratten schwimmen durch Abwasserrohre – und tauchen mitunter direkt in der Kloschüssel auf. Drei Minuten tauchen? Kein Problem.

Kein flächendeckender Überblick – aber punktuell Alarm

Einen echten Überblick über die Situation mit den Ratten in Deutschland gibt es nicht – doch einzelne Städte schlagen Alarm. Vor allem dort, wo Müll offen herumliegt oder achtlos in der Öffentlichkeit entsorgt wird, haben die Tiere leichtes Spiel. Kommunen reagieren mit Prävention: besserer Müllschutz, bauliche Abdichtungen, mehr Aufklärung. Und doch bleibt die Lage angespannt.

Rechtlich klar geregelt – gesundheitlich ein Risiko

Ratten stehen laut Infektionsschutzgesetz auf der Liste der Gesundheitsschädlinge. Über hundert Krankheiten können sie übertragen, darunter Leptospirose, Salmonellose, Hantaviren und Tollwut. Ihre Ausscheidungen machen Lebensmittel ungenießbar, ihre Bisse können Infektionen auslösen. Landwirtschaft und Infrastruktur sind ebenfalls gefährdet – durch angenagte Kabel, beschädigte Leitungen und verunreinigtes Futter.

Köderkrieg mit Risiken

Der Streit um den Einsatz von Rattengift sorgt für zusätzlichen Wirbel. Noch dürfen Privatpersonen Rodentizide nutzen, doch das könnte sich bald ändern. Zu gefährlich – für Haustiere, Kinder, Greifvögel, die vergiftete Beutetiere fressen. Auch Umweltschützer warnen vor einer stillen Giftspirale. Die Gifte bauen sich kaum ab und landen über Umwege wieder im Ökosystem.

Raus aus der Giftfalle

Naturschutzverbände plädieren für einen Kurswechsel. Weg vom Gift, hin zu Prävention. Bessere Müllentsorgung, abdichten statt auslegen, natürliche Feinde wie Greifvögel fördern, Schlagfallen statt Gifte. Ziel: ein integriertes Schädlingsmanagement. Auch weil Ratten immer resistenter gegen die eingesetzten Gifte werden – ein evolutionäres Katz-und-Maus-Spiel.

Ratten loswerden ohne Gift – kurz und knapp

  • Zugänge abdichten - Spalten, Ritzen und Rohre sichern, Gitter an Lüftungsschächten anbringen.
  • Müll sauber entsorgen - Nur verschlossene Tonnen nutzen, keine Essensreste draußen oder im Klo.
  • Umgebung aufräumen - Keine Verstecke: Laubhaufen, Gerümpel und offener Kompost vermeiden.
  • Schlagfallen nutzen - Mit Ködern wie Erdnussbutter, an Wänden platzieren, regelmäßig kontrollieren.
  • Nützlinge fördern - Eulenkästen aufstellen, Wildtiere nicht vertreiben.
  • Gemeinsam handeln - Nachbarn einbeziehen, bei vielen Ratten beim Ordnung- oder Gesundheitsamt melden.

Mythos oder Realität? – Beides!

Die große Ratteninvasion mag (noch) ausbleiben, doch in vielen Städten sind die Nager längst kein Einzelfall mehr. Das Problem ist real, auch wenn es nicht überall gleich sichtbar wird. Und ess bleibt nur durch ständiges Handeln im Griff. Denn wo der Müll fällt, da tanzen die Ratten – leise, clever und hartnäckig. Und falls das noch nicht reicht an Ratteninfos, hier noch ein paar Fakten, die mn vielleicht gar nicht wissen möchte:

  • Eine Ratte beißt durch Beton - Rattenzähne sind wahre Biowaffen: härter als Kupfer, fast so hart wie Eisen. Sie nagen sich durch Holz, Plastik, Leitungen – und bei Bedarf sogar durch Ziegel.
  • Ein einziges Pärchen kann rein rechnerisch über 1.000 Nachkommen im Jahr erzeugen. Keine Plage? Nur eine Frage der Zeit.
  • Ratten pinkeln Nachrichten - mit ihrem Urin markieren sie Laufwege, Reviere, soziale Infos. Was für uns eklig riecht, ist für sie ein Hochgeschwindigkeits-Kommunikationsnetz.
  • Ultraschall statt Taschenlampe - Ratten sehen eher schlecht, hören dafür bis zu 90.000 Hertz – und fühlen ihre Umgebung mit feinsten Tasthaaren. Ihre Welt ist zum Großteil taktil und akustisch.
  • Ratten merken sich Gift - viele sind inzwischen resistent gegen klassische Gifte – und geben diese Eigenschaft weiter. Manche Populationen meiden sogar Köder gezielt, wenn ein Rudelmitglied danach stirbt.

(avo mit dpa)