Neues Atlantis neben Deutschland

Kontinent unter Island gefunden - „Icelandia“ könnte Geologie der Erde spektakulär verändern

von Julian Hirmke

Wissenschaftler aus England könnten eine bahnbrechende Entdeckung gemacht haben. Direkt unter Island haben sie Reste eines alten Kontinents gefunden, der doppelt so groß wie Deutschland sein soll. Müssen die Schulbücher nun umgeschrieben werden?

Plattentektonik zeichnet unsere Kontinente

September 20, 2024, Kilauea, Hi, United States of America: A glowing crack in fresh lava on the floor of the Napau Crater inside Kilauea volcano caused by the recent East Rift Zone eruption at Hawaii Volcanoes National Park, September 20, 2024 in Hawaii. Pahoehoe is characterized by smooth, billowy, and ropy surface textures. Kilauea United States of America - ZUMAp138 20240920_zaa_p138_044 Copyright: xMatthewxPatrick/Usgsx
Feuer frei! Kleinste Plattenbewegungen können für Magmaspiele sorgen.

Bevor wir uns der Frage widmen können, müssen wir eine kurze Zeitreise in die fünfte Klasse machen: Unsere Erde besteht aus unterschiedlichen, sich bewegenden Erdplatten. Sogenannte Kontinentalplatten können sich dabei aufeinander zu, voneinander weg oder aneinander vorbei bewegen. Ein paar Zentimeter Bewegung pro Jahr sorgt da schon mal für ein gewaltiges Naturschauspiel: Meere reißen auf. Erdbeben erschüttern riesige Landschaftszüge. Gleichzeitig bricht brennend heißes Magma an die Oberfläche.

Durch die Bewegungen können Landmassen auch schnell überflutet werden und vom Meer verborgen werden. So ganz grob ist das auch mit der Neuentdeckung unter Island passiert. Zumindest wenn es nach Gillian Foulger und ihrem Team von der Durham University geht. Deren Untersuchungen geben wirklich Rückschlüsse auf einen bisher unbekannten Kontinent.

Wie entstand der mögliche Kontinent „Icelandia“?

Touristen laufen auf einem Weg über dem Wasserfall Gullfoss (Goldfall) an der Straße F 35 nahe dem Geothermalgebiet Haukadalur in Island, aufgenommen am 12.07.2006. Der Fluss Hvita stürzt an dieser Stelle in zwei Stufen von jeweils über 30 Metern in eine Schlucht. Island ist eines der am dünnsten besiedelten Länder der Erde, auf 103.110 Quadratkilometern leben gerade 286.000 Einwohner, das sind 2,8 Einwohner je Quadratkilometer. Zwölf Prozent des Landes sind von Gletschern bedeckt, etwa elf Prozent von Lava. Island liegt genau auf der Bruchstelle der auseinander driftenden amerikanischen und eurasischen Kontinentalplatten. Die Insel gehört somit zu den vulkanisch aktivsten Gebieten der Erde. Die landschaftliche Vielfalt  und die einmaligen Kontraste machen Island für seine Besucher interessant. Jedes Jahr kommen mehr Urlauber auf die Insel im Nordatlantik und viele von ihnen verfallen der Schönheit des Naturparadieses. Dank der nördlichen Lage ist es von Mai bis Juli rund um die Uhr hell. Foto: Patrick Pleul   +++(c) dpa - Report+++
Nicht nur beliebtes Reiseziel für Naturliebhaber, Unter Island könnte auch ein neuer Kontinent stecken.

Achtung, jetzt kommt eine weitere Schulstunde in Erdkunde: Ursprünglich trennten sich Grönland und Europa. Vereinfacht gesagt entstand durch die Plattenbewegungen im Norden von Island neuer Ozeanboden, im Süden der Reykjanes-Rücken.

Zwischen den aufeinander zu laufenden mittelozeanischen Rücken wurde ein Block kontinentaler Kruste eingeklemmt – der isländische Mikrokontinent. Über Millionen von Jahren wurde dieser Krustenblock auseinandergezogen. Dabei entstand eine riesige Landbrücke von Grönland bis zum Rand der Färöer-Platte. Dieser riesige Flatschen wurde dann von Magma überdeckt, das aus aktiven Vulkanen kam. Nachdem die Verbindung zur Färöer-Insel abbrach, sank der isländische Mikrokontinent ab. Bis auf Island wurde dann alles überflutet.

Elektrische Leitfähigkeit und Zirkonkristalle geben Aufschluss

Girl Explores Atlas with Magnifying Glass. || Modellfreigabe vorhanden
Einmal genau hinschauen. Das muss vielleicht bald der Nachwuchs, wenn im Schulatlas ein neuer Kontinent auftaucht.

So, genug Geographie-Unterricht für heute. Das Forschungsteam versucht jetzt herauszufinden, ob unter Island wirklich eine riesige Kruste von einem alten Kontinent liegt. Da Bohrungen nicht tief genug herankommen, muss man sich mit anderen Methoden begnügen. Messungen der elektrischen Leitfähigkeit sowie die Suche nach sogenannten Zirkonkristallen aus den Tiefen der Kruste sollen Rückschlüsse bringen. Die Meerestiefe im Gebiet von „Icelandia“ ist schon mal auffällig gering. Da die Kruste unter Island auch deutlich dicker als typisch ozeanische Kruste ist, stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass wir wegen den englischen Forschern vielleicht doch bald einen neuen Atlas brauchen.

(uhi)