Sssssssssschokolade?!

Keine Schokolade ohne Stechmücken? Warum wir die Insekten ganz dringend brauchen

von Anna Kriller

Stechmücken tragen einen Teil zur Gewinnung von Schokolade bei
Stechmücken finden die meisten von uns einfach nur nervig. Dabei können die kleinen Insekten noch viel mehr.

Sie surren, sie stechen und danach juckt es ohne Ende! Stechmücken kann vermutlich niemand so richtig leiden. Denkt man an andere Mückenarten, können die auch noch gefährliche Krankheiten übertragen. Also, was soll das eigentlich mit den Mücken? Sind die Insekten für irgendetwas gut? Ja, sagt Dr. Mandy Schäfer vom Friedrich-Loeffler-Institut. Welchen unerwarteten Nutzen die surrenden Stecher haben.

Allein in Deutschland gibt es rund 10.000 Zweiflüglerarten

Sprechen wir über Mücken, kommt uns sofort die Stechmücke in den Sinn, die uns gefühlt jeden lauen Sommerabend verhagelt oder wir uns auf der Jagd nach ihr in unserem Schlafzimmer die Nächte um die Ohren schlagen.

Tatsächlich hat die Mückenvielfalt aber noch einiges mehr zu bieten: Etwa 160.000 Zweiflügler-Arten (Diptera) sind bislang weltweit bekannt, erklärt uns Dr. Mandy Schäfer, Laborleiterin
am Institut für Infektionsmedizin des Friedrich-Loeffler-Instituts.

Allein in Deutschland gibt es rund 10.000 Zweiflüglerarten. Unterschieden wird hier aber noch mal zwischen Mücken (Nematocera) und Fliegen (Brachycera).

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Mücken stechen nur? Von wegen!

Okay, bei so vielen verschiedenen Arten müssen die Tiere doch auch einen Sinn haben – mal ganz abgesehen davon, unser Blut zu „klauen“, oder?

Mücken haben vor allem eine regulierende Funktion in einem Ökosystem“, erklärt Schäfer. „Sie dienen als Nahrungsquelle, tragen zur Bestäubung verschiedener Pflanzenarten bei und filtern und reinigen das Wasser, indem sich die Larven von organischem Material ernähren.“ So tragen sie als Teil eines komplexen Nahrungsnetzes zum ökologischen Gleichgewicht bei.

Das gilt übrigens auch für die von uns als so lästig empfundenen Stechmücken: „Erwachsene Stechmücken dienen vielen Tieren wie Fischen, Amphibien, Vögeln, Fledermäusen und anderen Organismen im Wasser als Nahrungsquelle.“

Und: Stechmückenlarven sind sogenannte Filtrierer. Heißt konkret: Während ihrer Entwicklungsphase im Wasser filtern und reinigen sie das Wasser, indem sie sich von Mikroorganismen und organischen Abfällen ernähren. Stechmückenlarven tragen so also sogar zur Verbesserung der Wasserqualität bei. Wer hätte das gedacht!

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Gebe es ohne Mücken weniger Schokolade?

Darüber hinaus ernähren sich männliche und weibliche Stechmücken von Pflanzennektar verschiedener Pflanzen und tragen so möglicherweise auch zu deren Bestäubung bei, so die Expertin weiter. Und das wirkt sich offenbar auch auf eine unserer absoluten Lieblingssüßigkeiten aus!

Laut Yann Clough, Professor für Umweltwissenschaften an der Uni Lund in Schweden, sollen Stechmücken sogar zur Kreuzbefruchtung der Kakaofrucht und damit einen wesentlichen Teil zur Gewinnung von Schokolade beitragen, berichtet der mdr. Hätten wir also ohne Stechmücken weniger Schokolade?

Gut möglich, denn zwar sei Kakao ursprünglich im Amazonasbecken beheimatet, er werde aber heute hauptsächlich außerhalb seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes, zum Beispiel in Teilen Afrikas und Indonesien angebaut, erklärt Schäfer. Je nach Region unterscheiden sich dann auch die bestäubenden Insekten. Das können beispielsweise Ameisen sein, aber auch Zweiflügler, zu denen eben auch Mücken gehören.

Also: Wer Schokolade mag, sollte künftig wohl etwas positiver auf die vermeintlich ungeliebte Stechmücke blicken! (akr)