Was wir über das Extremwetter in Deutschland wissen

Unser Klima in der Krise: Wo stehen wir in Deutschland?

von Oliver Scheel

Die Hochwasser-Katastrophe in Mitteleuropa war noch nicht zu Ende, als es in Italien zu tödlichen Starkregenfällen kam. Derweil brannten in Portugal die Wälder. Europa, auch Deutschland, ist im Extremwetter gefangen. Wo stehen wir in Deutschland beim Klimawandel im Jahr 2024, wie schlagen Hitze, Dürre, Hochwasser, Starkregen, Waldbrände und Tornados jetzt schon zu?
Im Video seht ihr, wie sich die Oderflut aufbaut und was die Helfer tun können

So schlägt die Wärme in Deutschland zu

Zunahme Hitzetage in Deutschland
Zunahme Hitzetage in Deutschland

Deutschland erwärmt sich stärker als der Rest der Welt. Wir leben jetzt schon in einem um 1,8 Grad erwärmten Land, die globale Erwärmung liegt etwa bei 1,1 bis 1,2 Grad. Schauen wir nur auf die letzten Jahre, dann sind wir in manchen Jahren schon zwischen 2,5 und 2,8 Grad Erwärmung. So nehmen die Tage mit 30 Grad und mehr eklatant zu. Auch die Hitzewellen werden stärker, dauern länger und kommen häufiger vor.

Die Anzahl heißer Tage (also einem Maximum von 30 Grad) hat sich von drei Tagen 1950 auf elf im deutschen Schnitt fast vervierfacht. In vielen Regionen kommt es seit den 1990er Jahren zu einer massiven Häufung von Hitzewellen. Der höchste Temperaturanstieg wird allerdings im Winter beobachtet, das erklärt unsere meist schneefreien Winter. Der Februar 2024 war der wärmste Februar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, er lag über 5 Grad über dem Februarmittel von 1991 bis 2020. Eine solche Abweichung im Sommer hätte einen katastrophalen Hitzesommer erzeugt.

Besonders betroffen sind Städte, dort bilden sich sogenannte Wärme- oder Hitzeinseln und es wird dort noch heißer. In den Städten wird zu viel versiegelt, der Beton heizt die Städte zusätzlich auf. Und neun der zehn wärmsten Jahre fanden seit 2000 statt.

Kein Jahrhundert-Hochwasser - ein Hochwasser-Jahrhundert

Teilnehmer auf dem Extremwetterkongress 2024
Teilnehmer auf dem Extremwetterkongress 2024

Eckart von Hirschhausen von der Stiftung „Gesunde Erde, gesunde Menschen“ sagte auf dem derzeit laufenden Extremwetterkongress in Hamburg: „Es sind keine Jahrhundert-Hochwasser, die wir erleben. Wir leben in einem Hochwasser-Jahrhundert.“

Warum erleben wir so viele Hochwasser? Weil unser Puffer aufgebraucht ist. Die Meere haben 90 Prozent des Klimawandels geschluckt. Aber das ist vorbei. Die Meere sind ein sehr träges System, aber jetzt haben sie sich extrem erwärmt und werden damit zur Ursache für neue Unwetter. Die Energie ist einfach vorhanden. Das tödliche und sehr teure Hochwasser in Österreich, Polen und Tschechien hatte seine Ursache im krass aufgeheizten Mittelmeer, das zwischen 5 und 8 Grad zu warm war.

Das ist die eine Seite: Die Starkregenfälle nehmen zu und das ist auch logisch angesichts einer wärmeren Atmosphäre, die einfach mehr Wasser aufnehmen kann. Die andere Seite ist, dass sich die Niederschläge verlagern. Es besteht eine Tendenz zu nassen Wintern und trockenen Frühlingen sowie lang andauernder Trockenperioden im Sommer. Darunter leidet vor allem die Landwirtschaft.

Mehr Waldbrände, aber nicht mehr Tornados

In einer immer wärmeren Welt mit längeren Trockenphasen erleben wir auch ein verstärktes Risiko von Waldbränden. Das wird durch die Trockenschäden bereits geschwächter Bäume noch verschärft. So waren vier der letzten fünf Jahre von erhöhtem Waldbrandrisiko betroffen. Und es gab sie ja auch, die Brände, vor allem in Brandenburg.

Bei Tornados lässt sich indes bisher keine Häufung feststellen. Im Mittel gab es zwischen 2000 und 2023 jährlich etwa 45 Tornados in Deutschland.

Unsere Ost- und die Nordsee sind allerdings dem Anstieg des Meeresspiegels ausgesetzt. Das ist besonders für das einzigartige Ökosystem Wattenmeer eine schlechte Nachricht, es ist schlichtweg in seiner Existenz bedroht.

Und nun? Jedes Zehntelgrad weniger hilft

Unter dem Strich, und das ist der aktuelle Forschungsstand, kommt es in Deutschland zu einer Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Hitzewellen oder Hochwasser. Parallel dazu nehmen strenge Fröste ab – unser Klima ist in der Krise. Das ist auch die Quintessenz des vom Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Extremwetterkongress in Hamburg herausgegebenen Infomationspapiers, aus dem wir hier zitiert haben.

Es lohnt sich also, für das Klima dieses Planeten zu kämpfen. Der Aktivist Eckart von Hirschhausen formulierte es auf dem Extremwetterkongress so: „Jedes Zehntelgrad weniger an Erderwärmung hilft, und jedes Zehntelgrad mehr kommt uns teuer zu stehen.“ Denn eins ist klar: Investitionen in den Klimaschutz sind wesentlich billiger als nachher für die Schäden aufzukommen.

(osc)