„Atlas der Zerstörung” zeichnet düsteres Bild

Wie Öl und Gas eine Spur der Verwüstung über unseren Planeten ziehen

von Oliver Scheel

vb m k+ Aufräumarbeiten, Strand, Vulkanausbruch Tonga
Die Förderung und Verbrennung von Öl ist für Mensch, Umwelt und Klima ein Fiasko.

Dass die Förderung von Öl und Gas eine schmutzige Sache ist, ist lange bekannt. Aber die Welt kann sich nicht von den fossilen Energien lösen. Wie wichtig das wäre und welch fürchterliche Spur der Verwüstung das Fördern und Verbrennen von Öl und Gas hinterlässt, zeigt der „Atlas der Zerstörung” der Deutschen Umwelthilfe sehr eindrucksvoll.

Big Oil macht jeden Tag 3 Milliarden Dollar GEWINN!

Unsere Wirtschaft und damit auch irgendwie unser gesamtes Leben fußt immer noch auf der Verbrennung fossiler Energien. Deren Förderung, Transport und Nutzung aber zerstört Ökosysteme, menschliche Lebensräume und erwärmt das Klima in nie dagewesener Geschwindigkeit. Die Deutsche Umwelthilfe zeigt in ihrem „Atlas der Zerstörung” schonungslos, welch großen Schaden die Fossilen anrichten.

Von der Förderung bis zum Verbrennen sind die fossilen Energien vor allem eines: Ein riesiger Schaden an Mensch und Natur. Der beispiellose Anstieg der Temperaturen basiert auf der Nutzung von Öl und Gas. Der Klimawandel bedroht und beendet das Leben hunderttausender Arten und gefährdet das Überleben der Menschheit auf der Erde. Dennoch schaffen wir es nur viel zu langsam, uns von Öl und Gas als Energiequelle zu lösen.

Warum ist das so? Es ist in erster Linie das Geld, das einen schnellen Wechsel auf die günstigen und gesünderen Erneuerbaren verhindert. Der Buchautor und Professor Christian Stöcker hat ausgerechnet, dass die großen Erdölfirmen dieser Welt seit 1970 jeden Tag 3 Milliarden Dollar Gewinn einstreichen konnten. Jeden Tag 3 Milliarden! Diese Summe ist so unfassbar und sie erklärt sehr leicht, warum die Männer, die diese Unternehmen leiten, alles tun, um ihr Geschäftsmodell nicht zu verlieren.

Diese Schäden richten Öl und Gas an

Die Liste ist lang: Bei der Erdölförderung wird die Umwelt enorm belastet.

FILE PHOTO: A reflection of gas flaring is seen in the pool of oil-smeared water at a flow station in Ughelli, Delta State
Beim Flaring wird Gas einfach ungenutzt abgefackelt, weil es zu aufwändig wäre, es einzufangen.

  • Fracking: Die Gasförderung durch Fracking benötigt Unsummen von Wasser. Außerdem werden Chemikalien eingesetzt, die das Grundwasser belasten können. Untersuchungen verweisen auf erhöhte Gesundheitsrisiken in der Nähe von Förderanlagen, wie Atemwegserkrankungen und Krebserkrankungen.
  • Methan: Vom Bohrloch bis zur Gasturbine entweichen erhebliche Mengen Methan entlang der Lieferkette unverbrannt in die Atmosphäre. Auch bei der Ölproduktion fällt Methan als „Begleitgas“ an und wird oft direkt an der Förderstätte in die Atmosphäre abgelassen oder unvollständig abgefackelt. Das Problem: Methan ist extrem klimaschädlich. Die Treibhauswirkung ist auf 20 Jahre betrachtet mehr als 80-mal stärker als die von CO2.
  • Flaring: Bei der Erdölförderung wird auch immer etwas Gas mit an die Oberfläche gebracht. Dieses auch Erdölbegleitgas genannte Gas wird oft abgefackelt, da die Mengen sich kaum lohnen einzufangen. In der Summe aber gelangen so riesige Mengen CO2 in die Atmosphäre. Dabei entstehen noch Methan, Schwefeldioxid und Ruß. Das Entwicklungsministerium sagt, dass über 40 Prozent der in der Arktis nachgewiesenen Rußpartikel aus Flaring stammen.
  • Venting: Beim Venting wird das Gas nicht verbrannt, sondern einfach so in die Atmosphäre entlassen. Dabei entweicht auch sehr viel klimaschädliches Methan.
  • Transport: Unvergessen sind die Katastrophen, die bei Havarien von Öl-Tankern entstanden. Die größte Ölpest aller Zeiten war das Unglück der Bohrinsel Deepwater Horizon im Jahr 2010 im Golf von Mexiko, als nach der Explosion der Bohrinsel etwa 800 Millionen Liter Rohöl ins Meer strömten.
  • Leckagen: Bei der Förderung von Öl und Gas geht es selten sauber zu. Besonders schlimm ist es in Nigeria, wo im Niger-Delta in den letzten 10 Jahren fast 10.000 Ölleckagen registriert wurden. Russisches Öl und Gas wird unter minimalem Klimaschutz gefördert. Es kann nur vermutet werden, was in Russland derzeit angerichtet wird. Bei dem Anschlag auf die Pipeline Nord-Stream II im Jahr 2022 wurden enorme Mengen des hochgradig schädlichen Treibhausgases Methan freigesetzt - etwa 465.000 Tonnen. Damit ist der Sabotageakt das schlimmste Einzelereignis bei Methan-Freisetzung.
  • Umweltzerstörung: Wo Gas, Kohle und Öl gefördert werden, wird Natur zerstört. Bäuerliche Gemeinschaften verlieren ihre Lebensgrundlage, Grundwasser wird verseucht und unbrauchbar, Land geht verloren. Schadstoffe werden direkt ins Meer geleitet, durch Fracking erhöht sich die Gefahr von Erdbeben.
  • Menschenrechte: Vertreibung und Landraub führen zu Armut und Hunger, besonders bei indigenen Völkern in Nigeria, aber auch bei den Mapuche in Patagonien. Die Folgen für die Bevölkerung sind Wassermangel, Grundwasserkontamination und sinkende landwirtschaftliche Erträge. Wo Öl, Gas und Kohle gefördert, müssen sich die Menschen hinten anstellen. Und das ist auch in Deutschland so. Denken wir nur an die Umsiedlung ganzer Dörfer im rheinischen Kohlerevier.
  • Und natürlich CO2: Es ist schnell erzählt und weithin bekannt: Beim Verbrennen von Kohle, Öl und Gas entsteht das Treibhausgas CO2. Es ist hauptverantwortlich für die ungebremste Erderwärmung.

    Studie beweist: Nutzung von fossilen Brennstoffen macht uns krank

Was müsste passieren, wie weit sind wir schon?

Es wird oft geschrieben, dass die Umstellung unserer Wirtschaft auf Erneuerbare Energien unzählige Milliarden kostet. Doch diese Kosten stehen in keinem Verhältnis zu dem Geld, das wir den Ölfirmen in die Hand drücken. Jedes Jahr fließen allein aus Deutschland rund 80 Milliarden Euro in den Kauf von Öl und Gas. Je mehr Geld wir aber in Erneuerbare investieren, desto mehr werden wir am Ende profitieren. Eine Studie der Denkfabrik Aurora kommt zu dem Schluss, dass sich die Kosten für unsere Energie bei einem konsequenten Umbau bis 2045 um bis zu 700 Milliarden Euro senken lassen.

Solarpark und Windkraftanlagen
Wind und Sonne stellen zunehmend mehr Strom zur Verfügung.

Das sollte doch ein Ansporn für Politik und Privatwirtschaft sein. Und der Baukasten für eine Welt ohne Kohle, Öl und Gas ist ja längst vorhanden. Wir wissen, was zu tun ist. Dazu müssen wir schnell aus den teils auch langfristigen Lieferverträgen raus, zumal unsere Zulieferer in den seltensten Fällen stabile Demokratien sind. Russisches Gas kommt immer noch als LNG zu uns, es wird zunehmend durch amerikanisches Gas ersetzt. Das Erdöl kommt aus den USA, aus Kasachstan, Libyen, dem Irak, Saudi-Arabien und Nigeria. In diesen Ländern sind Menschenrechte nicht gerade wichtig. Von unseren Zulieferern sind allein Norwegen und Großbritannien noch stabile Demokratien.

Immerhin beim Strom sind wir in Deutschland schon ein gutes Stück Weg gegangen. Im dritten Quartal wurde durch Wind- und Sonnenenergie so viel Strom erzeugt wie noch nie in diesem Zeitraum. In den Monaten Juli, August und September betrug der Anteil der Erneuerbaren am Strommix gut 64 Prozent - ein Rekord.

Verwendete Quellen: Atlas der Zerstörung, eigene Recherche wetter.de