Wer bei der Arbeitssuche nicht mitmacht, bekommt Besuch
Wer nicht arbeiten will, muss fühlen. Dafür sind die zwei zuständig: Silke Pusakowski und Marcel Eichenseher. Der gnadenlose Einsatz gegen Jobverweigerer. Die zwei gehen in Berlin regelmäßig gegen Langzeitarbeitslose vor, stehen bei echten Härtefällen auf der Matte. Denn wer den Jobvermittlern nicht öffnet, bekommt auch erstmal kein Bürgergeld mehr.
„Herr xx, ich bins Herr Eichenseher“
Sie klopfen und klingeln. Die zwei Jobvermittler Silke Pusakowski und Marcel Eichenseher gehen heute auf Berlins Straßen Langzeitarbeitslosen an den Kragen. Wer nicht aufmacht, dem wird der Geldhahn zugedreht:
„Das sind Totalverweigerer.“
Kein einfacher Job, der sie heute auch an ihre Grenzen bringen wird.
"Also so eine Situation habe ich noch nicht erlebt..."
Doch von vorne. Silke Pusakowski und Marcel Eichenseher machen seit März 2023 für das Jobcenter Tempelhof-Schöneberg sogenannte Aufsuchende Beratungen – also Hausbesuche bei Bürgergeldempfängern. Denn: Einige Leistungsbezieher reagieren weder auf Termineinladungen, noch auf Anrufe. Die erste Adresse ist direkt ein Härtefall.
"Das ist ein Pärchen. Beide Ü50. Seit 25 Jahren im Leistungsbezug und seit 10 Jahren keine Mitwirkung mehr."
Dem Paar wurde der Termin rechtzeitig angekündigt. Sie müssten also eigentlich da sein.
„Ne, ne, das wird nichts. Keiner da“
Überrascht sind die beiden nicht.
"Das sind in meinen Augen Totalverweigerer."
Sie erhalten kein Geld bis sie persönlich vorsprechen im Jobcenter. ABER:
"Mit dem Tag, wo sie vorgesprochen haben, geht die Zahlung weiter. Dann fließt es weiter und dann fangen wir wieder von vorne an."
Hier ist es ein Kampf gegen Windmühlen. Das Paar kassiert pro Monat circa 2000 Euro. Arbeiten müssen sie dafür nicht.
Das frustriert auch die langjährigen Arbeitsvermittler. Silke ist seit 32 Jahren beim Jobcenter, Marcel seit 15. Ihre Mission:
"Wir wollen ja nicht kontrollieren. Wir sind hier, um unsere Hilfe anzubieten."
Statistisch gesehen treffen Silke und Marcel grob jeden dritten Leistungsbezieher bei den Hausbesuchen an. Heute haben sie Pech. Bei drei weiteren Fällen bleiben die Türen zu. Das Bürgergeld wird auch hier pausiert – vorerst.
Wenn es nach der Bundesregierung geht, soll in Zukunft bei diesen Fällen noch härter durchgegriffen werden.
Bärbel Bas: „Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenzen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.“
Mehr Strafen in bestimmten Fällen, findet auch der 55-jährige Marcel gut:
"Ein gewisses Klientel müssen wir besser handeln können, damit es für alle gerechter wird."
Der letzte Fall für heute führt die beiden in eine Hochhaussiedlung in Berlin-Marienfelde. Seit 20 Jahren kriegt die alleinerziehende Mutter von 2 Kindern Bürgergeld.
Die 42-jährige hat psychische Problem und möchte nicht vor die Kamera. Nach 40 Minuten kommen die beiden erfahrenen Vermittler wieder raus und sind schockiert.
"Freistand Sie hat einen Panikanfall gehabt, bevor wir anfangen konnten. Das war ganz schlimm."
"Ja, Angst vor Fremden und Angst davor, zugeben zu müssen, glaube ich auch, dass das das Leben nicht so läuft, wie sie sich das erhofft hätte. Ja."
Ein ärztliches Gutachten soll den Zustand der Frau klären. Sie soll psychisch wieder auf die Beine kommen. Silke und Marcel sind sich einig: Dann kann die Frau wieder arbeiten. Ihre Bezüge bleiben erstmal unangetastet.