Vogelzug hat bereits begonnen
Zugvögel fliegen früher: Sind wir Menschen schuld daran?
Auf dem Weg zu einem Platz für den Winter

Es ist Herbst und unsere heimischen Vögel suchen das Weite. Zumindest zwei Drittel von ihnen suchen sich ein wärmeres und nahrungsreicheres Plätzchen für den Winter. Expertinnen und Experten vom Naturschutz Bund (NABU) haben beobachtet, dass der Vogelzug in diesem Jahr früher gestartet ist als sonst, und überlegen, warum das so ist. Dabei können die Gründe auch menschengemacht sein.
Vögel fliegen außergewöhnlich früh los

In großen Schwärmen, in langen Reihen, in der typischen V-Formation: Unzählige Vögel aus dem Norden haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen wieder auf dem Weg in den Süden gemacht. „Es ist Hauptzugzeit. Gleichzeitig ging der Vogelzug in diesem Jahr aber auch relativ früh los. Das ist einigermaßen außergewöhnlich“, sagt Vogelkundler Guido Teenck vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). So seien einige Vögel schon im September gestartet, die sonst üblicherweise erst später aufbrechen. „Die Kraniche sind zum Beispiel schon Mitte September gestartet, was eher ungewöhnlich ist.“
Kräftezehrende Reise

Warum einige Zugvögel ihre kräftezehrende Reise in den Süden in diesem Jahr deutlich früher angetreten haben, ist noch unklar. „Das ist statistisch noch nicht abgesichert.“ Vermutungen hat der Ornithologe dennoch, denn in der Regel spielen Witterung und Nahrungsangebot in den Brutgebieten und an den Rastplätzen eine Rolle bei der Entscheidung der Tiere. So könnte das trockene Wetter in diesem Jahr dazu beigetragen haben, dass die Vögel aus Russland und Skandinavien nicht mehr ausreichend Insekten zum Fressen gefunden haben. „Wenn es ungemütlich ist und sie keine Nahrung mehr finden, ziehen sie sofort los.“
Futterknappheit menschengemacht?

Ein Grund für die Nahrungsknappheit kann auch menschengemacht sein. Je weniger Blumen und Pflanzen es gibt, die Insekten anlocken, Körner und Beeren tragen, desto schneller finden Vögel nichts mehr zu fressen. „Es ist deshalb notwendig naturnahe Lebensräume zu erhalten und zu pflegen“, sagt Teenck weiter. Das sei sowohl für Schutzgebiete wie das Wattenmeer als auch auf heimischen Feldern und in Gärten wichtig.
Gleichzeitig könnte auch die Witterung gute Bedingungen für lange Flüge geboten haben. „Wenn gutes Zugwetter ist, also möglichst Rückenwind und keine Turbulenzen, ziehen sie auch los. Sie haben auf jeden Fall Antennen dafür, wann das soweit ist.“
Wissenswertes über Zugvögel

Es ist ein Instinkt, der Vögel Richtung Süden fliegen lässt. Zielort und Zeitpunkt ihres Aufbruches sind ihnen angeboren. Die meisten von ihnen brechen in der Nacht zu ihrem Winterdomizil auf. Zugvögel beweisen eine enorme Ausdauer, denn sie reisen jedes Jahr über Tausende von Kilometern. Manche Vogelarten schlafen sogar während des Fluges und bewegen sich hin und wieder nur, um an Geschwindigkeit zuzulegen. Sie wachen dabei jedoch nicht auf. In rund 10 Nächten sind im Herbst Milliarden der gefiederten Freunde über Europa unterwegs und legen meist in Südeuropa eine Pause ein. Die ist auch nötig, denn es folgt die schwerste Etappe ihrer Reise: über das Mittelmeer und die Wüste Sahara.
Die Vögel, die am Tag Richtung Afrika fliegen, orientieren sich am Stand der Sonne. Selbst unter einer dichten Wolkendecke verlieren diese Tagzieher nicht die Orientierung, denn Vögel können UV-Licht wahrnehmen. Nachtzieher hingegen orientieren sich am Polarstern. Da dieser keine UV-Strahlen ausstrahlt, nutzen sie ihren Magnetsinn. In Deutschland brüten Teenck zufolge etwa 250 Vogelarten. Rund zwei Drittel davon ziehen im Spätsommer und Herbst in den Süden. (mit dpa)