Klimawandel in den Alpen: Gibt es bald mehr Felsstürze wie den in Graubünden?

Schlamm und Gesteinsbrocken bewegen sich am 25.08.2017 in Bondo im Kanton Graubünden (Schweiz) durch den Ort. Am 3369 Meter hohen Piz Cengalo hinter Bondo hatten sich Gesteinsmassen gelöst und waren ins Tal gedonnert.
Werden wir uns an solche Bilder gewöhnen müssen?

Der massive Felssturz in Graubünden hat den Menschen einmal mehr schonungslos vor Augen geführt, dass wir nie über die Natur herrschen werden. Ob die acht Wanderer, die ihr Leben in dem Geröll ließen, jemals geborgen werden können, ist ungewiss. Gewiss ist aber: Diese Felsstürze werden immer wieder vorkommen. Denn der Klimawandel hat die Alpen schon voll gepackt.

Eis ist fester, wenn es kälter ist

ARCHIV - Ein Bergsteiger nutzt am 10.06.2016 in Garmisch-Partenkirchen (Bayern) das schöne Wetter um zum Gipfelkreuz auf der Zugspitze zu klettern. (zu dpa "Studie: Permafrost auf Zugspitze könnte schon 2080 verschwunden sein" vom 16.08.2017) Foto: S
Der Permafrost der Zugspitze wird ständig kontrolliert.

Der Permafrost in den Alpen ändert sich. Oder anders gesagt: Er taut an und beginnt langsam zu verschwinden - wie die Gletscher. Und das hat massive Konsequenzen. Das Eis nämlich ist wesentlich fester, wenn es kälter ist. Der Klimawandel erwärmt das Eis aber oder taut es sogar auf. Ab einer Temperatur über minus 1,5 Grad wird das Eis langsam beweglich. Dadurch kann es sich verformen und das kann ganze Felsen in Bewegung versetzen. In der Konseuqenz führt dies zu Fels-Abbrüchen.

Auf der Zugspitze wird der Permafrost immer wieder kontrolliert, auch dort befürchtet man einen Bergsturz. Der könnte wegen der exponierten Lage dieses Felsens dramatisch sein. Schon bei dem Abbruch in Graubünden lösten sich bis zu vier Millionen Kubikmeter. Eine unvorstellbare Zahl. Die Aufräumarbeiten in Bondo können Jahre dauern.

Riesige Flutwellen sind auch möglich

Dass der Klimawandel in den Alpen noch stärker zuschlägt als an anderen europäischen Orten, ist inzwischen sicher. Besonders betroffen ist auch die Schweiz. So ist die Durchschnittstemperatur seit Beginn der Messungen 1864 bei den Eidgenossen um zwei Grad gestiegen, wie Marc Chardonnens, Direktor des Bundesamts für Umwelt (Bafu), in Bern sagte. Das sei mehr als doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt. In Deutschland ist das Jahresmittel der Lufttemperatur zwischen 1881 und 2015 um 1,4 Grad angestiegen, wie es in einem Bericht des Deutschen Wetterdienstes heißt.

Die Alpengletscher schmelzen, der Permafrost wird durch Erwärmung instabiler und Hitze- und Trockenperioden werden häufiger, sagte Chardonnens. Und, die schmelzenden Alpengletscher haben noch eine andere Konsequenz: Aus dem Schmelzwasser können neue Alpenseen entstehen. Und wenn da Geröll hineinbricht, kann das riesige Flutwellen erzeugen. Wilfried Haeberli, ein emeritierter Glaziologe (Gletscherforscher) der Uni Zürich, sprach in der Schweizer Zeitung 'Blick' sogar von Flutwellen, die 100 Meter hoch sein können. Es könnten regelrechte Tsunamis ausgelöst werden, so der Professor. Er betonte, es sei nicht die Frage, ob das passiere, sondern lediglich wann.

Und noch etwas gefährdet die schon lange nicht mehr heile Bergwelt: Die schmelzenden Gletscher legen Geröll frei, das leicht ins Rutschen geraten kann. Auf die zugebauten Alpen kommen also große Herausforderungen zu. Denn auch die Starkregen- und Unwettereignisse nehmen zu.

Die Alpen stehen vor massiven Veränderungen. Und das muss der Mensch begreifen.